Grundeinkommen im Schweizer Radio DRS

In der Sendung „Reflexe“ war das Grundeinkommen Thema. Zum Interview eingeladen waren Daniel Häni und Enno Schmidt von der Initiative Grundeinkommen Basel.

Der Beitrag ist sehr hörenswert, weil Daniel Häni und Enno Schmidt es verstehen, übliche Einwände humorvoll und punktgenau aus den Angeln zu heben. Der Beitrag steht als Podcast bereit.

Finanzkrise, Bürgschaften, Rationalisierung, Arbeitsplätze – eine wirkliche Lösung: das bedingungslose Grundeinkommen

Von Bürgschaften für die Automobilindustrie, womöglich auch für andere Branchen bzw. einzelne Unternehmen ist viel die Rede (aktuell wieder von Franz Walter Steinmeier). Unter anderem haben Auswirkungen der Finanzkrise Unternehmen in Bedrängnis gebracht. Dabei sind auch solche, wie General Motors, das schon lange als Restrukturierungsfall bezeichnet wird, auch Opel scheint nicht ohne. Nun sollen die politischen Gemeinschaften mit ihrem Steueraufkommen zu Hilfe eilen – meist mit der Begründung, Arbeitsplätze zu sichern, denn auch Zulieferungbetriebe seien vom Wohlergehen der Automobilhersteller abhängig. Dabei sind verschiedene Aspekte der Problemlage nicht so einfach voneinander zu unterscheiden: Was sind tatsächlich Auswirkungen der Finanzkrise, was sind Auswirkungen lange überfälliger Rationalisierungs- und Restrukturierungsmassnahmen, was sind Auswirkungen von leistungshemmenden Arbeitsbedingungen, was solche eines bevormundenden Systems sozialer Sicherung, wie wir es gegenwärtig haben? Ist die Finanzkrise gar ein Vorwand, endlich Entlassungen vorzunehmen, die anders kaum hätten gerechtfertigt werden können? Man denke nur an den Aufschrei, wenn trotz Unternehmensgewinnen Mitarbeiter entlassen werden – als müsse das im Widerspruch zueinander stehen.

Das bedingungslose Grundeinkommen ist kein Allheilmittel, aber eine Lösung, die sehr weitreichend ist und die vor allem manche Gründe, die nun für Bürgschaften und Konjunkturprogramme angeführt werden, obsolet machte. Mit einem BGE ließe sich leichter erkennen, wo Probleme bestehen. Aus Gründen der Arbeitsplatzerhaltung müssten Bürgschaften oder finanzielle Unterstützungen an Unternehmen nicht fließen, wenn es ein BGE gäbe. Denn die Mitarbeiter, die nun womöglich vor einer Entlassung stehen, wären abgesichert. Aber auch alle anderen, die vielleicht schon lange sich mit dem Gedanken tragen, beruflich andere Wege zu gehen, könnten dies mit einem BGE, gerade angesichts der Lage, einfacher tun. Mit einem BGE wäre es Unternehmen möglich, in konjunkturellen Hoch- wie in Niederzeiten, Personal kurzzeitig freizustellen bzw. einzustellen, sofern die dann verhanlungsmächtigeren Mitarbeiter sich darauf einließen. Rationalisierungsmassnahmen, die eine Substituierung menschlicher Arbeitskraft durch Maschinen mit sich brächten, wären erwünscht und kein beklagenswertes unliebsames Übel. Die gegenwärtig in der Automobilbranche ins Auge gefasste Kurzarbeit angesichts schon lange bestehender Überkapazitäten wäre unproblematisch, denn die Binnenwirtschaft würde darunter nicht im selben Maße leiden wie heute, Konsum-und Investitionsmöglichkeiten blieben durch das BGE erhalten.

Ein BGE machte Konjunkturprogramme als Instrumente makropolitischen Gegensteuerns nicht überflüssig, zumindest aber stellt sich die Frage anders, wozu sie denn dienen sollen (siehe auch die Diskussion mit Katja Kipping). Das allerorten anzutreffende Argument, unsere Binnenwirtschaft leide unter mangelnder Kaufkraft, Kaufkraft gebe es aber nur, wo Einkommen erzielt wird, folglich müssten Arbeitsplätze geschaffen werden, verfinge nicht mehr, wenn wir ein BGE einführen würden. Das Einkommen wäre ohnehin vorhanden.

Die Finanzkrise ist also nicht, wie manche unken, eine Gefahr für die Diskussion um ein BGE, sie ist gerade eine Chance, um deutlich zu machen, wie verschiedene Probleme, vor denen wir stehen, miteinander zusammenhängen und welche Auswege ein BGE böte.

Sascha Liebermann

"Grundeinkommen. Ein Filmessay" – auf dem Weg in die Schulen

Das Institut für Kino- und Filmkultur, das Medien für den Bildungsbereich empfiehlt, hat den Film „Grundeinkommen. Ein Filmessay“ von Daniel Häni und Enno Schmidt in sein Programm aufgenommen und empfiehlt ihn für Schulen.

Nach wie vor kann er aber auch aus dem Netz heruntergeladen werden.

Globales Grundeinkommen? – Wer fordert in wessen Namen?

Laut einem Bericht auf der Website des Netzwerk Grundeinkommen hat der jüngste Grundeinkommenskongress in Berlin ein globales Grundeinkommen gefordert.
Was aber ist damit gemeint? An wen richtet sich die Forderung und wer fordert in wessen Namen?

Die Idee eines bedingungslosen Grundeinkommens als solche ist nicht auf ein Land beschränkt, sie kennt keine territorialen Grenzen, insofern könnte ganz zu recht davon gesprochen werden, dass das Grundeinkommen eine globale Angelegenheit sei. Ideen allerdings haben niemals territoriale Grenzen, das ist also keine Eigenheit des Grundeinkommens. Was für eine Idee gilt, ist aber auch nicht gleichzusetzen mit ihrer Verwirklichung. Denn dazu müssen wir die Frage stellen, wer verwirklicht in wessen Namen? Wer ist also berechtigt, eine solche Verwirklichung zu betreiben?

Haben wir als deutsche Staatsbürger etwa die Berechtigung, für die Verwirklichung des BGE in Frankreich, der Schweiz oder sonstwo zu streiten? Sicher nicht, denn das ist Angelegenheit der Bürger des jeweiligen Landes. Ob sie es wollen, das müssen sie selbst wissen, denn die Konsequenzen haben auch sie zu tragen und nicht wir.

Wie verhält es sich nun vor diesem Hintergrund mit der Forderung nach einem globalen Grundeinkommen? Wer fordert denn in wessen Namen, wenn eine solche Forderung aufgestellt wird? Sind wir überhaupt befugt, etwas zu fordern, dass über unsere Grenzen oder die Grenzen eines Bündnisses mit anderen Ländern hinweggeht? Wenn wir die Idee der Demokratie ernst nehmen, können wir in dieser Hinsicht gar nichts fordern, was außerhalb unseres Staates liegt. Wir können unserer Regierung den Auftrag erteilen, das Gespräch mit einem Land zu suchen, aber nicht gegen dessen Willen. Wir können ein Land darin unterstützen, das BGE einzuführen, wenn die Bürger dort es wollen, aber nicht gegen ihren Willen oder ohne dass sie ihn artikulieren. Wir können beratend tätig werden, wenn Beratung gewünscht ist. Aber wir entscheiden nicht und weil wir nicht entscheiden, können wir auch nicht fordern, was sie in ihrem Land zu tun haben. Wir können Entscheidungen anderer Länder kritisieren, aber auch da ist sorgsames Abwägen nötig, soll aus der Kritik nicht Anmaßung werden.

Wer über die Köpfe von Regierungen und Bürger eines Landes hinweg etwas fordert, verhält sich wie all die Einrichtungen, die wir heute ob ihrer Einmischung in fremde Angelegenheiten kritisieren. Wenn wir fordern, maßen wir uns an zu sagen, was für andere gut ist. Demokratisch also ist es, den Willen anderer zu respektieren, solange er sich nicht gegen unser Gemeinwesen richtet oder unsere Interessen verletzt. Ein globales Grundeinkommen zu fordern, heißt, etwas zu fordern, das andere machen sollen, ohne dass sie sich dazu bekannt haben. Wir setzen damit fort, was wir in der Entwicklungshilfe lange genug getan haben: zu wissen, wie andere ihre Probleme zu lösen haben und es nicht bei Beratung bewenden zu lassen.

Gerade weil das BGE von den Bürgern seinen Ausgang nimmt, weil es die Bürger stärken soll, findet es auch an den Bürgern seine Grenze. Was andere Länder und ihre Bürger wollen, ist ihre Sache – ganz gleich, ob sie für oder gegen ein BGE sind.

Sascha Liebermann