„Das sollte ich besser nicht sagen“ – ein journalistisches Lehrstück

In einem Inteview für die „ZDF heute-Show“ hat „Sonderermittler“ Martin Sonnenborn einen Vertreter der Pharma-Lobby interviewt und gerade die Teile in der Sendung gesendet, die dafür nicht vorgesehen waren. Der Verbandssprecher verhält sich ganz wie ein Lobbyist und vertritt Interessen, allerdings geht er weiter, als es abgemessen wäre. Nun ist die Politik gefordert, den häufig schon kritisierten hohen Preisen den Garaus zu machen. Ein Lehrstück über journalistische Aufklärung.

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Was hat das mit dem Grundeinkommen zu tun? Auch in dieser Diskussion werden manchmal ungeschminkt Verbandsinteressen vertreten, so wie in einer Diskussion in Eisenach im September 2009 von Seiten des Gewerkschafters ganz zu Beginn ab Minute 5. Sehen Sie selbst. Dass ein bGE womöglich Gewerkschaften überflüssig machen könnte, wäre für ihn Grund genug, dagegen zu sein.

„Deutschland lebt unter seinen Verhältnissen“

In den letzten Tagen und Jahren wurde immer wieder behauptet, wir hätten über unsere Verhältnisse gelebt. Das bleibt nicht ohne Folgen, es schürt Ängste und verbreitet die Auffassung, Sparen sei der beste Ausweg. Peter Bofinger, Mitglied im Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, schätzt das ganz anders ein. Zum Beitrag in der Süddeutschen Zeitung.

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Würdevolle Hilfe und das Bedürfnis zu arbeiten – Ulrich Schneider, Paritätischer Wohlfahrtsverband, zum bGE

Unter dem Titel „Ulrich Schneider vs. Sascha Liebermann“ hat ForMoreDemcracy bei Youtube ein Video eingestellt, in dem Äußerungen Ulrich Schneiders (Geschäftsführer des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes) über das bedingungslose Grundeinkommen denen Sascha Liebermanns (Originalaufzeichnung von ESA-Film) gegenüberstellt werden. Schneiders Äußerungen sind interessant für die Grundeinkommensdiskussion, weil sie in ihrer Kürze die Annahmen enthalten, die zur Arbeitshauspolitik führen. Gleichwohl aber sind sie auch nicht so hermetisch, dass sie nicht darüber hinaus wiesen.

Auf der einen Seite setzt Schneider unbegründet das bGE mit Untätigkeit gleich. So muss er schlussfolgern, dass ein würdevolles Leben nicht möglich sei, denn würdevoll sei Hilfe nur, wenn sie jemanden in die Lage versetze, selbst für sich sorgen zu können (ganz ähnlich auch Sarah Wagenknecht), das bGE erlaube das nicht. Das ist eine im echten Sinne naive Vorstellung, denn „selbst“ kann sich niemand versorgen, weil er ständig und dauerhaft auf die Leistungen anderer angewiesen ist, zuallererst auf ein Gemeinwesen, dass diese Möglichkeiten schafft. Darüber hinaus ist die Bedeutung von „selbst für sich sorgen können“ viel grundlegender als die Erzielung von Einkommen. Jemand muss sein Leben in die Hand nehmen können (das setzt einen sozialisatorischen Bildungsprozess voraus, damit er es kann) und dann muss er es wollen.

Autonomie auf Autarkie zu verkürzen ist weit verbreitet. Ihr entspricht auch der Vorwurf, Transferleistungsbezieher würden auf Kosten anderer leben (siehe „‚Kostgänger‘ des Staates“ und „Subsidiarität und bGE kein Gegensatz“). Dabei könnte man genauso sagen, der Markt lebt auf Kosten von Vereinen und Familien, die ihre Leistungen ohne Entgeltforderung erbringen.

Da Schneider dem Menschen zugleich das „Bedürfnis“ attestiert, arbeiten zu wollen, könnte ihn das dazu veranlassen, das bGE gerade für würdevoll zu erachten. Denn es setzte den Einzelnen in den Stand, arbeiten zu können, und zwar nicht nur dort, wo seine Arbeit im engen Verständnis von „Arbeitsplatz“ nachgefragt wird, sondern wo er es für wichtig und richtig erachtet, wo er seine Stärken erkennt. Ihm kommt diese Deutung aber nicht in den Sinn, weil er Würde, Arbeitsplatz und Einkommenserzielung direkt voneinander abhängig macht. Folglich muss er auch fordern, dass Arbeitsplätze bereitgestellt werden. Arbeit wird darauf reduziert, die Gelegenheit zur Erzielung von Einkommen zu sein, im Zentrum steht nicht mehr die Sinnhaftigkeit einer Tätigkeit. Diese Reduzierung von Arbeit auf die Gewährleistung von Einkommen zerstört jedoch gerade die Grundlage von Innovation, führt also gerade zum Gegenteil dessen, was für die Enstehung von Neuem unerlässlich ist. Neues entsteht nur und Arbeitsabläufe werden nur zuverlässig erledigt, wo eine Identifizierung mit der Arbeitsaufgabe vorliegt. Der Weg ins Arbeitshaus, der so beschritten wird, ist der wahre Grund unserer elenden Lage. Das bGE hingegen führte hinaus.

Sascha Liebermann