„Paritätischer fordert vollständige Abschaffung der Sanktionen in Hartz IV“…

starke Worte sind das, was aber wird genau gefordert?

„Eine vollständige Abschaffung der Sanktionen in Hartz IV fordert der Paritätische Wohlfahrtsverband anlässlich der heute von der Bundesagentur für Arbeit vorgestellten Statistik. Notwendig sei eine komplette Neuausrichtung der Grundsicherung. Der Verband kündigt an, innerhalb der kommenden zwei Wochen ein eigenes Konzept zur Reform von Hartz IV vorzulegen…“

Da kann man gespannt sein, wie das gehen soll, denn die Sanktionen rechtfertigen sich vor dem Hintergrund dessen, dass das Arbeitslosengeld II nicht als dauerhafte Alimentierungsleistung konstruiert ist und die Verpflichtung besteht, Erwerbsarbeit aufzunehmen. Helga Spindler (siehe auch hier), die Hartz IV ebenfalls kritisiert, hat eingräumt, dass auf Sanktionen nicht ganz verzichtet werden kann; Christoph Butterwegge hat dasselbe zu erkennen gegeben, auch wenn er es selten ausspricht. Wer also ernst machen wollte mit der Aufhebung von Sanktionen, muss das Ziel der bedarfsgeprüften Leistungen verändern: nicht Rückführung in Erwerbstätigkeit stünde dann im Zentrum, sondern Stärkung von Autonomie. Das geht nur ohne das Erwerbsgebot.

Um der Verklärung der Zeiten vor 2005 etwas entgegenzuwirken, sei in Erinnerung gerufen, was schon das alte Bundessozialhilfegesetz vorsah. In § 25 BSHG hieß es:

„(1) 1 Wer sich weigert, zumutbare Arbeit zu leisten oder zumutbaren Maßnahmen nach den §§ 19 und 20 nachzukommen, hat keinen Anspruch auf Hilfe zum Lebensunterhalt. 2Die Hilfe ist in einer ersten Stufe um mindestens 25 vom Hundert des maßgebenden Regelsatzes zu kürzen. 3Der Hilfeempfänger ist vorher entsprechend zu belehren.

(2) Die Hilfe soll bis auf das zum Lebensunterhalt Unerlässliche eingeschränkt werden“

Wer also davon wirklich weg will, kann nicht einfach die Aufhebung der Sanktionen fordern, an der Architektonik jedoch nichts ändern wollen.

Wie geht es weiter in der Pressemitteilung?

„…Der Verband begrüßt, dass auch Detlef Scheele, der Vorstandsvorsitzende der BA, Veränderungsbedarf einräume. Aus Sicht des Paritätischen sind jedoch kleine Korrekturen nicht ausreichend. „Die Sanktionen gehören vollständig abgeschafft. Wir müssen weg von dieser misanthropischen Grundhaltung, die Hartz IV prägt, hin zu einem echten Hilfesystem. Hilfe statt Strafe muss die Richtschnur sein“, so Schneider. Der Paritätische kündigt für die kommenden zwei Wochen die Vorstellung eines Reformkonzeptes zur konsequenten Neuausrichtung der Grundsicherung für Arbeitsuchende an.“

Also, wir können gespannt sein, ob das nicht wieder nur derselbe Deckmantel ist, der auch im solidarischen Grundeinkommen um diejenigen gelegt wird, die der Hilfe bedürfen, die aber nicht durch ein BGE ermächtigt werden sollen.

Sascha Liebermann