Arfst Wagner über die Aufgaben einer Partei und das Bündnis Grundeinkommen

Das Archiv Grundeinkommen berichtet von einer Debatte in der Mailingliste des Netzwerk Grundeinkommen über das Bündnis Grundeinkommen. Hier der Auszug einer Stellungnahme von Arfst Wagner zur BGE-Partei:

„24.11.2016: Aus einer Mail:
Einwände gegen die Gründung einer monothematischen BGE-Partei:
In den Kommentaren zu:
www.grundeinkommen.de/22/09/2016/eine-partei-nur-fuer-grundeinkommen.html
und in der BGE-Debattenliste des Netzwerkes Grundeinkommen wird die Sinnhaftigkeit der BGE-Partei diskutiert.
U.a. äußert sich dort am Mi, November 23, 2016 um 22:01 Uhr Arfst Wagner:

„… Lieber XXXX
ich danke Dir für Deinen Beitrag.
Ich bin für das bGE seit etwa 15 Jahren öffentlich unterwegs, also schon seit vor Einführung der Agenda 2010.
Ich bin auch nahezu für jede phantasievolle Aktion für das bGE zu haben.
Und ich bin zwar Landesvorsitzender der Grünen in Schleswig-Holstein, schreibe hier aber nicht als solcher, sondern als bGE-Aktivist.
Ich unterstütze die bge-Partei nicht. Und zwar nicht, weil ich bei den Grünen bin, sondern weil ich eine monothematische Partei für gefährlich halte. Das Ziel der Partei ist tatsächlich ein Einzug in den Bundestag. Das wäre anders ja auch blödsinnig. Wenn Du aber Leute in den Bundestag wählst und sie nur aufgrund eines einzigen Themas dort sitzen, dann ist das ein Anachronismus. Sollen die möglicherweise Gewählten dann zu allen anderen Themen schweigen? Das würde bedeuten, dass sie in den 5 Jahren Legislatur vielleicht im besten Fall 10 Tage was sagen werden. Und die Frage ist, was für Leute die Partei dann in den Bundestag entsenden würde, was sich herausstellt, wenn sie sich tatsächlich auch zu andern Themen äußern? Da wird man sicherlich so manche Überraschung erleben, denn in der bGE-Szene tummeln sich auch extrem viele Rechtslastige und Verschwörungstheoretiker. Mir wird bei dem Gedanken echt ganz anders. Schweigen solche Leute dann bei der Fluchtthematik, bei Kriegseinsätzen usw?
Dazu kommt, da es sich ja vorwiegend um eine Zweitstimmenkampagne handeln wird, das bedeutet, dass vermutlich fast alle Stimmen für die bge-Partei den Grünen und der Linken weggenommen werden, was diese beiden Parteien, die am nächsten drann sind am bGE, schwächen wird und nicht die anderen. CDU, AfD, SPD und FDP werden so gestärkt.
[…]
Und ich füchte, die Parteigründung ist eine völlig naive Geschichte, die der CDU, SPD, FDP und AfD in concreto hilft, das bGE aus dem Bundestag rauszuhalten, weil vielleicht wie beim letzten Mal der Linken und den Grünen die Prozente fehlen werden und damit die bGE-Befürworter beider Parteien, die meist noch in der zweiten Reihe sitzen, es wieder nicht schaffen werden, in den Bundestag zu kommen. Ich schreibe das aus echter Sorge und nicht aus Eigeninteresse, weil ich gar nicht vorhabe, wieder aussichtsreich für den Bundestag zu kandidieren.
[…]
Was ist denn das Parteiziel der bGE-Partei? Die Einführung des bGE? Dann bleiben meine Bedenken bzgl. monthematischer Partei bestehen: die der Unterwanderungsgefahr von Rechts und die des „Rumsitzens und Verbrauchens von Steuergeldern“ weil man sich ja zu anderen Themen nicht äußern kann.
[…]
Oder möchte man lieber mit Gleichgesinnten den Tag verbringen und sich nicht in den Schlamm von Debatten werfen, die manchmal richtig an die Nieren gehen? Davor wird man auch in einer neuen Partei mit Sicherheit nicht davonlaufen können. …“

Mehrere neue Pressesammlungen zum Grundeinkommen

Seitdem Wolfgang Röhrig sein Archiv Grundeinkommen eingestellt hat, sind neue entstanden und berichten über die Diskussion um das Bedingslose Grundeinkommen. Sie sind unterschiedlichen Charakters, teils auch im Aufbau. Es wird sich zeigen, ob es zukünftig wieder eine zentrale Anlaufstelle herausschält oder verschiedene Portale unterschiedliche Aufgaben übernehmen. Hier die uns bekannten Adressen:

Ein neues „Archiv Grundeinkommen“? Wer ist bereit, sich dieser Aufgabe anzunehmen?

Nachdem wir kürzlich darüber berichteten, dass Wolfgang Röhrig das „Archiv Grundeinkommen“ nicht weiterführen wird, steht die Frage im Raum, was an seine Stelle treten kann. Eine Plattform, die wie das „Archiv“ Informationen zum Grundeinkommen sammelt und öffentlich zugänglich macht, ist für die Grundeinkommensdiskussion hilfreich. Wolfgang Röhrig hat treffend beschrieben, welcher Voraussetzungen es bedarf, um ein solches Archiv erfolgreich betreiben zu können. Nils Neumann greift diese Überlegungen auf und sucht Mitstreiter, die bereit wären, sich langfristig und verlässlich einzubringen. Auf seiner Website schreibt er, unter welchen Voraussetzungen eine Fortführung bzw. Weiterentwicklung des Archivs möglich und er sich einzubringen bereit wäre. Mitstreiter sind aufgerufen, sich zu melden.

Nachtrag
Wolfgang Röhrig meldete sich heute noch einmal zu Wort, nachdem er offenbar viele Nachfragen bezüglich der Weiterführung des Archivs erhalten hat. Hier seine Reaktion:
6.11.2011: Vielen erneuten Dank für die Mails und Telefonate mit der Bitte um Absprache/Treffen/Zusammenarbeit/Kooperation/Schulung. Ich möchte feststellen, dass dieses alles m.E. gar nicht notwendig ist. Was zu tun ist, ist offensichtlich. Jeder der mag oder jede Gruppe, die sich zusammenfindet, kann einfach mit einem eigenen BGE-Onlineangebot sofort loslegen oder eine bereits vorhandene Site kann ihr Angebot ausweiten. Der Aufwand und die bisherige Arbeitsweise ist im Eintrag vom 22.10.2011 beschrieben. Gerne kann für beliebige Zwecke auch das hier vorliegende Archiv ohne Rücksprache kopiert/genutzt/verlinkt werden. Die jeweiligen Zugriffszahlen der (neuen) Domains werden nach einigen Wochen zeigen, welche Angebote Nutzen erzeugen. (Hier nochmals die alten Zahlen dieses Archives.) Links, die mir zwecks Weiterentwicklung bereits übermittelt wurden: 
http://zyklop.pisces.uberspace.de/archiv-bge/ 
www.netz-bge.org

„Kurze Beschreibung des Aufwandes, dieses Archiv Grundeinkommen zu betreiben“

Wolfgang Roehrig, der die tägliche Aktualisierung des Archivs, bis auf weiteres einstellt, beschreibt in einer Nachricht, was es bedeuten kann, ein solches Archiv zu betreiben.

Kurze Beschreibung des Aufwandes dieses Archiv Grundeinkommen zu betreiben. (Hilfreich für Fortführer, Nachahmer, Bessermacher, Weiterentwickler und deren Helfer + Mitmacher) Finanzen: ca. 50 Euro pro Jahr für Domain + Webspace Personal: eine Person (ehrenamtlich ?), IT-affin, BGE-überzeugt, meinungsschwach bzw. -zurückhaltend
Zeitaufwand: täglich (incl. Wochenenden) 1 – 3 Stunden, bei ca. 5 – 15 kurzen Onlineverbindungen. Der Hauptaufwand entsteht durch den Anspruch der Aktualität und der mittlerweile erfreulichen Fülle des täglichen Off/Online-BGE-Materials. Dieses ist zu suchen, zu lesen, zu bewerten, zu exzerpieren, zu kopieren, zu ordnen, evtl. zu verwerfen. Freundliche Mails und Hinweise sind zu beantworten, unfreundliche Mails zu löschen.
Das Archiv war für viele BGE-Aktive eine Rechercheerleichterung. Viele aktuelle Zuschriften bedauern die Einstellung sehr. (Danke für den Zuspruch!) Es wird sich bestimmt jemand oder eine Gruppe oder eine Initiative oder ein Netzwerk oder eine Einrichtung finden, die eine ähnliche Dienstleistung bereitstellen kann.
Die Domain „archiv-grundeinkommen.de“ steht dafür allerdings nicht zur Verfügung. Gerne setze ich Links zu diesen neuen BGE-Sammlungen / -Archiven / -Portalen. (wr)

„Archiv Grundeinkommen“ stellt bis auf weiteres tägliche Aktualisierung ein

Am 18.10. war beim Archiv Grundeinkommen diese Nachricht zu lesen:

„Aus beruflichen Gründen muß die tägliche Aktualisierung dieses Angebotes bis auf weiteres leider eingestellt werden. (wr)“ 

Wolfgang Roehrig betreibt das Archiv seit April 2004. Es kann als die Sammelstelle und Informationsplattform rund um das Grundeinkommen bezeichnet werden. Auch wenn sie keinen Anspruch auf Vollständigkeit erhebt und sich vorbehält, welche Nachrichten gemeldet werden, so ist sie doch unparteiisch im Sinne einer breiten Sammlung. Das erlaubt es jedem Interessierten, sich umfassend zu informieren. Wer die aktuelle Entwicklung der Grundeinkommensdiskussion, wer ihre Entstehung verfolgen will, ist beim „Archiv“ gut aufgehoben. Es wäre mehr als bedauerlich, sollte eine Fortführung langfristig nicht möglich sein. Für sein Engagement in den letzten Jahren gebührt Wolfgang Roehrig großer Dank, er hat zur Verbreitung der Idee dadurch erheblich beigetragen.

Siehe auch die Kommentare bei Facebook

Netzrealität und das wirkliche Leben – wie Unterstützer für das bGE gewinnen?

Das Archiv Grundeinkommen hat eine Zuschrift erhalten und zitiert daraus auf seiner Website folgenden Ausschnitt:

„27.7. Aus einer Mail von R.H.:
…Nur mit BGE-Petitionen unterschreiben und „gefällt mir“-Button klicken und BGE-Internetsurfen und BGE-Newsletter abonnieren wird das nichts mit dem BGE! Fast alle regionalen BGE-Initiativen leiden an heftigem Geldmangel und zuwenig aktiven verläßlichen Mitgliedern. 100.000 BGE-Sympatisanten im Internet stehen nur drei handvoll Aktive im realen Leben gegenüber. Es gibt kaum BGE-Interessierte, die Beitrag zahlen oder spenden!…“

R.H. weist hier auf eine Schwierigkeit hin, mit der alle Initiativen, nicht nur die, die das bGE verbreiten möchten, ringen. Auch wir kennen aus eigener Erfahrung die Anstrengungen, derer es bedarf, damit aus guten Absichten und Ideen reale Aktivitäten werden. Ist dies erreicht, dann wird man mit die Erfahrung machen, dass der Zuspruch zu öffentlichen Diskussions- und Vortragsveranstaltungen sehr schwankt. In ländlichen Gegenden kommen manchmal mehr Interessierte als in größeren Städten (relativ zur Bevölkerung). Wenn nur wenige kommen, bedeutet das aber nicht, dass die Mühe umsonst war. Wenn die Wenigen die Idee mit nach Hause nehmen und verbreiten, ist viel erreicht. Nur der Umstand, mehr Zuhörer erreicht zu haben, bedeutet ja nicht, dass diese auch die Idee verbreiten.

In der Tat braucht es auch manchmal Zeit, bis sich ein verlässlicher Kreis aktiver Personen gefunden hat, die dann als Initiative zusammenwirken wollen. Zum einen ist dafür Klarheit in den Zielen, die man erreichen will, unerlässlich. Sonst weiß man nicht, wofür man sich einsetzt oder einsetzen soll. Es muss aber auch die Chemie stimmen, die Aktiven müssen miteinander „können“. Ein solches Zusammenwirken kann besonders schwierig werden, wenn man nicht genügend aufgeschlossen füreinander ist, auch für die Eigenheiten und Schrulligkeiten, die jeder mehr oder minder mit sich herumträgt. Zu große Eitelkeit von Aktiven bedeutet für eine Initiative meist das Ende. Kompromissbereitschaft ist notwendig.

Es bedarf natürlich auch der Offenheit nach außen, der Offenheit den Skeptikern und Kritikern gegenüber. Nur wer mit ihnen sich auseinzusetzen bereit ist, ohne sich über sie zu erheben, wird langfristig etwas bewegen. Wir beobachten seit einiger Zeit Tendenzen unter Grundeinkommensbefürwortern, diese Auseinandersetzung zu vernachlässigen oder gar für nervig und überflüssig zu halten. Das gefährdet das Fortkommen der Diskussion.

Für die Finanzierung von Veranstaltungen gibt es viele Wege:

  • Anfragen an Stiftungen und Kommunen richten, die gezielt öffentliche Veranstaltungen fördern. Allerdings nehmen die Anfragen im allgemeinen zu, so dass auch hier die Mittel knapper werden, die vergeben werden können. Hartnäckigkeit, Transparenz des Vorhabens und persönliche Ansprache sind für Erfolg hilfreich.
  • Privatpersonen, um Spenden ersuchen. Wir haben das mittels Spendenaufruf immer wieder getan, mit unterschiedlichem Erfolg.
  • Räume nutzen, die beinahe kostenfrei überlassen werden. Vereine, Kirchengemeinden und Kommunen sind hierzu oft bereit.
  • Eintrittsgeld nehmen. Veranstalter verzichten oft auf Eintrittsgeld und setzen darauf, dass freiwillig gespendet wird. Das birgt das Risiko, auf den Kosten, die manchmal erheblich sind, sitzen zu bleiben, sofern nicht anderweitig finanzielle Unterstützung erwirkt wird. Wir haben mit Eintrittsgeldern gute Erfahrungen gemacht. Es ist erstaunlich, wie bereitwillig Interessierte Eintritt entrichten, auch wenn sie wenig Geld zur Verfügung haben. Eintritt macht auch transparent, dass Kosten entstanden sind, die gedeckt werden müssen – ein klares Signal an Interessierte. Erlassen von Eintritt oder auch Reduktion sind immer möglich.

Der erste Punkt, den R.H. aufwirft, soll hier der letzte sein. In der Tat wird die Bedeutung des Internets, der virtuellen Unterstützer für ein bGE, überschätzt. Zwar ist das Internet heute ein wichtiges und unerlässliches Instrument, um Informationen zu verbreiten, sich auszutauschen und zu koordinieren. Es kann hilfreich sein, um zu mobilisieren. Doch damit das gelingt, benötigt es Bereitschaft, sich mobilisieren zu lassen. Das Internet ersetzt nicht den Sprung in die reale Auseinandersetzung von Angesicht zu Angesicht – hier muss jeder selbst entscheiden, ob er das kann und will. Diese Auseinandersetzung ist aber durch nichts zu ersetzen.