Nicht als Gegenentwurf, aber als Alternative,…

…denn der Wissenschaftsbetrieb folgt nicht der Sache um ihrer selbst willen, was seine Aufgabe wäre und wofür er alimentiert wird, sondern in ihm werden etliche sachfremde Ziele nicht nur übergestülpt, sie werden auch von innen, durch die dort Verantwortlichen errichtet. Ein BGE böte zumindest die Möglichkeit, von diesem Betrieb nicht abhängig zu sein.

Sascha Liebermann

Wissenschaft ohne „Betrieb“, aber mit Bedingungslosem Grundeinkommen

Ohne die genauere Situation zu kennen, auf die Hedwig Richter hier Bezug nimmt – es kann in der Tat möglich sein, dass sich jemand bewusst für eine halbe Stelle entscheidet, obwohl das bei den erwähnten Zielen ziemlich ambitioniert bis unrealistisch erscheint – erkennt man an solchen Konstellationen gut, welche Folgen es hat, auf den Wissenschafts-„Betrieb“ angewiesen zu sein, um nicht nur forschen, sondern darüber auch ein Einkommen erzielen zu können. Abgesehen von der Diskussion um den hohen Anteil befristeter Stellen im deutschen Wissenschaftssystem stellt sich die Frage, wie es denn möglich sein könnte, zu forschen, ohne auf eine solche Stelle angewiesen zu sein. Auch da spielt, zumindest für die Frage der Einkommenssicherung, ein Bedingungsloses Grundeinkommen eine große Rolle (siehe hier).

Sascha Liebermann

Ein Bedingungsloses Grundeinkommen böte immerhin eine Alternative,…

…auch wenn das alleine nicht ausreichte, um forschen und lehren zu können. Siehe unsere früheren Beiträge hier.

„Exzellenzinitiative“, Drittmitteleinwerbung und die Lage junger Wissenschaftler, …

…wieviel Entlastung brächte hier ein Bedingungsloses Grundeinkommen, wenn auf seiner Basis Forschung möglich und der Zugang zu Infrastruktur wie Bibliotheken, elektronischen Zeitschriften und etwaiger „freier“ institutioneller Anbindung gegeben wären, ohne auf das Erwerbseinkommen angewiesen zu sein? Siehe auch „Kunst und Wissenschaft und das bedingungslose Grundeinkommen“.

Allerdings muss hier auch gefragt werden, weshalb sich verbeamtete Professoren auf Lebenszeitstellen in nennenswerter Zahl denn nicht gegen diese Entwicklung gestemmt haben? Wer eine solche Stelle innehat, muss nicht am Drittmittelzirkus teilnehmen – was ja nicht heißt, dass es nicht sinnvoll sein kann, hier und da Drittmittel einzuwerben. Auch wenn gesetzliche Regelungen den Missstand befördern (siehe das Wissenschaftszeitvertragsgesetz), so erklären sie keineswegs die Praxis, befristete Verträge mit kurzen Laufzeiten den in der Qualifizierungsphase befindlichen Kollegen anzubieten, um sie kurz zu halten. Hier müssen sich die Entscheider in den Universitäten als erstes selbst fragen, was sie anders machen könnten. Das galt schon für die sogenannten Bologna-Reformen, die weitgehend durchgewunken wurden in der Hoffnung, dass alles nicht so schlimm komme oder sie zu einer technokratischen Erneuerung führen könne. Hätten die Fakultäten, Fachbereiche und Institute hier nicht mitgewirkt und manche Fussfessel selbst angelegt, wäre es womöglich gar nicht zu den weitreichenden Veränderungen durch die Einführung von Bachelor- und Masterstudiengängen gekommen, deren Folgen dann wieder beklagt werden (siehe hierzu:

„Zum Selbstverständnis der Soziologie als Wissenschaft“

„Technokratisierung durch Selbstentmachtung: Anmerkungen zum Versagen der wissenschaftlichen Profession und eine alternative Antwort auf die Probleme der Hochschule heute

„Unterstützung durch Überanpassung. Wer trägt die Verantwortung für fehlgeschlagene Hochschulreformen?“

„Autonomie und Verantwortung im Studium. Zur Diskussion über Anwesenheitspflicht in Lehrveranstaltungen und ihre Aufhebung“.

Sascha Liebermann

Ist unvoreingenommene Forschung möglich, wenn man zugleich von etwas praktisch überzeugt ist?

Sinngemäß stellt der Schweizer TagesAnzeiger diese Frage Jens Martignoni am Ende eines Interviews über das Grundeinkommensprojekt in Rheinau (Schweiz). Da mir diese Frage schon öfter gestellt wurde, ist es ein willkommener Anlaß, dazu etwas aus Sicht der Forschung zu sagen.

Wer mit wissenschaftlichem Arbeiten vertraut ist und die Eigenheiten von Forschung kennt, wird die Frage des TagesAnzeigers für überraschend und banal halten. Methodisch disziplinierte Forschung auf der einen und Befürwortung eines praktischen Vorhabens aus Überzeugung auf der anderen Seite sind zwei Paar Schuhe. Für eine der Überprüfbarkeit (Falsifikation) verpflichtete, methodisch diszipliniert arbeitende Wissenschaft ist es entscheidend, auf der Basis verfügbarer Daten (ganz gleich welchen Typs) zu Schlussfolgerungen zu gelangen. Daten benötigt es, damit nachvollzogen und geprüft werden kann, wie zu Schlussfolgerungen gelangt wurde. Zugleich ist damit deutlich gemacht, dass methodisch disziplinierte Schlussfolgerungen sich immer nur auf Zusammenhänge in der Vergangenheit richten können, denn nur darüber können Daten Auskunft geben. Jeder Blick nach vorne, in die Zukunft, ist damit nicht mehr methodisch diszipliniert möglich, das lässt sich sehr gut an Schätzverfahren ablesen, die für Prognosen genutzt werden, um auf der Basis von gesetzten Annahmen (bestenfalls aus der Vergangenheit rekonstruiert), Aussagen über etwaige Veränderungsmöglichkeiten in der Zukunft zu treffen. Allerdings: Handlungsfolgen für die Zukunft zu bestimmen, ohne dass die Zukunft schon etwas hervorgebracht haben kann, das als Datum eine Erforschung erlaubt, ist keine strenge Wissenschaft mehr.

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„Wie mit Quellen umgehen? Oder: ich suche mir heraus, was mir gefällt“…

…so habe ich einen Leserbrief übertitelt, mit dem ich auf einen Beitag von Johannes Mosmann zum Bedingungslosen Grundeinkommen („Das Grundeinkommen kommt mit seinen Fragen“) reagiert habe, der in die Drei veröffentlicht wurde. Es ist der zweite Teil seiner Auseinandersetzung mit dem BGE, den ersten finden Sie hier sowie Leserbriefe dazu hier

Mosmann zitiert an einer Stelle aus einem Interview mit, das Alice Grinda vor vielen Jahren mit mir geführt und für ein Video verarbeitet hatte.

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Die Bedeutung öffentlicher Infrastruktur und Forschungsförderung für die Wirtschaft…

…griff ein Beitrag in der Süddeutschen Zeitung auf, der am Beispiel von Apple zeigt, wie sehr Produktinnovationen, die privatwirtschaftlich vermarktet werden, von öffentlicher Förderung leben. Vor Augen führt dieses Beispiel, wie unsinnig das Bemühen ist, beides voneinander zu isolieren, wie es oft geschieht. Für die Diskussion um ein Bedingungsloses Grundeinkommen und die Frage danach, mit welcher Berechtigung das Gemeinwesen von der erzielten Wertschöpfung einen Teil für sich vorsieht, ist das ein schöner Beleg. Siehe auch „Was der Staat kann“ von Mariana Mazzucato.