„Der Verein „Sanktionsfrei“ setzt auf Vertrauen statt Sanktionen“…

…eine Diskussion im Deutschlandfunk über Sanktionen im Arbeitslosengeld II, ihre Begründungen und Folgen.

Gäste:

  • Helena Steinhaus, Verein „Sanktionsfrei“
  • Tobias Krull, arbeits- und sozialpolitischer Sprecher der CDU-Landtagsfraktion in Sachsen-Anhalt
  • Rana Martin Bhattacharjee, Jobcenter Köln
  • Prof. Dr. Moritz Kuhn, Institut für Makroökonomik und Ökonometrie an der Universität Bonn

Achten Sie auf die Sprache der Teilnehmer, die das Prinzip von Fördern und Fordern verteidigen bzw. rechtfertigen, ein geradezu pädagogisierender Tonfall wird deutlich. Die durch den Gesetzgeber formulierten sanktionsbewehrten Pflichten werden mit freundlich-verklärenden Worten umschrieben. Siehe hierzu „Aktivieren als Form sozialer Kontrolle“ von Olaf Behrend.

„Empfänger von Hartz IV sind nicht faul“ – ein Bedingungsloses Grundeinkommen ist dennoch keine Lösung…

…so äußert sich Rainer Radloff, Geschäftsführer des Jobcenters in Bielefeld, in einem Interview mit der Neuen Westfälischen. Radloff bewegt sich ganz in der normativen Konstruktion des heutigen Sozialstaats. Leistungsgerechtigkeit sei sein Prinzip, wer also etwas erhalte, müsse auch etwas geben. Im Interview gibt es einen tiefen Einblick in die Herausforderungen, vor denen das Jobcenter aufgrund der heutigen Gesetzeslage steht. Hier wichtige Passagen daraus:

„Es geht also nicht darum, dass Bezieher von Hartz IV leistungsunwillig sind?
Radloff: Nein, mir ist es wichtig, den Blick darauf zu lenken, dass SGB-II-Leistungsbezieher nicht faul sind. Ein großer Teil der Menschen arbeitet. Wir bringen jährlich zusätzlich 6.000 Leistungsbezieher wieder in Arbeit. 25 Prozent unserer Kunden haben eine Berufsausbildung. Das ist zwar nicht die Mehrheit, aber eine Gruppe, auf die man aufbauen kann.“

Dann eine Passage über Sanktionen:

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Grundeinkommensbefürworter von Bündnis 90/ Die Grünen lancieren Wahlaufruf

Das Grüne Netzwerk Grundeinkommen hat einen Wahlaufruf veröffentlicht, der bislang von über einhundert Befürwortern eines „Grundeinkommens“ aus den Reihen der Grünen unterzeichnet wurde. Damit positionieren sie sich klar.

Was allerdings im Aufruf teils zu lesen steht, ist nicht ganz in Einklang mit dem Programm zur Bundestagswahl oder der Haltung der Spitzenkandidaten. Diese hatten im vergangenen Dezember zum Bedingungslosen Grundeinkommen Stellung bezogen. Darin findet das BGE jedoch kaum Unterstützung.

Im Programm zur Bundestagswahl lautet der Passus zum Grundeinkommen:

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„Die Starre vor dem Fall. Wie ein junger Mensch vom Jobcenter unter das Existenzminimum gedrückt wird – und wie er aus dem System fällt“…

…eine Reportage von Timo Stukenberg auf der Website CORRECT!V.

Angesichts dessen, dass die Praxis der Arbeitsagenturen und Jobcenter nach wie vor von „Jubelberichten über den Arbeitsmarkt“ (siehe auch hier) überstrahlt werden, kann nicht oft genug daran erinnert werden, wie wir heute mit denjenigen umgehen, die im Leistungsbezug sind. Und nicht nur mit denjenigen, denn die Gesetzgebung gilt für alle, sie ist also ein Zeichen dafür, wie wir als Gemeinwesen zu den anderen und uns selbst stehen.

Zur Wirkung von Sanktionen siehe hier und hier.

„Vorrang für die Anständigen“…

…wer erinnert sich noch an das entsprechende Papier des damaligen Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit, Wolfgang Clement, aus dem Jahr 2005? Das bringt den Geist der geltenden Sozialpolitik, an dem sich seitdem nicht allzuviel verändert hat, gut auf den Punkt. Es ist ja sogar noch zu Verschärfungen gekommen. Ganz in diesem Geist ist auch die zynische Broschüre, mit der vor wenigen Jahren das Jobcenter im Kreis Pinneberg auf sich aufmerksam machte. Wer angesichts dieser Sozialpolitik Alternativen aufzeigen will, hat mit dem Bedingungslosen Grundeinkommen eine. Die SPD hat offenbar keine, die anderen großen Parteien aber auch nicht, wenn man davon absieht, dass die Forderung nach einer Abschaffung der Sanktionen beim Arbeitslosengeld II letztlich nur einlösbar ist, wenn die Erwerbsorientierung der Systeme sozialer Sicherung vollständig aufgegeben wird. Weshalb dann nicht gleich Klartext reden und ein Bedingungsloses Grundeinkommen fordern?

Sascha Liebermann