Erwerbsarbeit, Konsum und das Bedingungslose Grundeinkommen – ein vernachlässigter Zusammenhang

Seit einiger Zeit wird der Vorschlag eines Bedingungslosen Grundeinkommens mit weiteren Vorschlägen verknüpft, die für notwendig erachtet werden, damit das BGE als emanzipierend (Mindestlohn und Arbeitszeitverkürzung) sowie ökologisch sinnvoll und nicht als neoliberal oder konservativ bezeichnet werden könne. Diese Auffassung vertitt z. B. die BAG Grundeinkommen, jüngst wieder Ronald Blaschke, aber auch Ulrich Schachtschneider hält das in seinem Vorschlag für ein ökologisches Grundeinkommen für unerlässlich (siehe hier und hier).

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Gelassenheit oder Überfrachtung?

diese Frage stellt sich angesichts einer Veröffentlichung von Ulrich Schachtschneider (Freiheit, Gleichheit, Gelassenheit. Mit dem Ökologischen Grundeinkommen aus der Wachstumsfalle. München: oekom Verlag 2014). Schachtschneider setzt sich sehr für eine Umweltpolitik ein, die – entgegen der gegenwärtigen – nicht nur steuerlich effektiv und sozial gerecht, sondern vor allem freiheitlich ist (s. seine Internetseite). Die gute Absicht, die ökologische Frage ernstzunehmen, vermengt er aber in seinem Buch – sofern die Einleitung und die weiteren frei zugänglichen Seiten hier ein Urteil erlauben – mit der Einführung eines Grundeinkommens. Auf S. 10 etwa heißt es: „Wenn wir sagen, die Idee des Grundeinkommens ist eine Antwort auf die Krise des Sozialstaates, dann müssen wir auch sagen können, in welcher Weise dies eine Antwort auf die Krise des Umweltstaates ist.“ Abgesehen von dem ungeklärten Ausdruck „Umweltstaat“ ist die Schlussfolgerung weder in sich plausibel, noch belegt. Das Bedingungslose Grundeinkommen ist nicht die Lösung für alle politischen Probleme, die wir haben, aber es macht es vielfach leichter, sich diesen Problemen ernsthaft und mit entschieden weniger sogenannten Sachzwängen zuzuwenden. Bezüglich der ökologischen Frage gehört dazu, dass die Alternative „Arbeitsplatz vs. Umweltschutz“ (gemeint ist ja stets: „Einkommensplatz vs. Umweltschutz“) schlicht nicht mehr relevant ist, da ja das Bedingungslose Grundeinkommen eben das Einkommen grundsätzlich sichert. Wenn Schachtschneider schreibt: „Ein Grundeinkommen darf nicht zu mehr problematischer Umweltnutzung führen und es darf auch nicht von Wachstum abhängig sein, etwa durch die Art seiner Finanzierung“ (S. 11), so ist dies richtig, sofern Wachstum als ressourcenverbrauchendes Wachstum verstanden wird. Wie generell in der Diksussion wird aber von ihm hier nicht zwischen Produktivität im Sinne von Wertschöpfung und Wachstum im Sinne von Ressourcenverbrauch unterschieden. Wertschöpfung kann gerade auch darin bestehen, für bestimmte, ressourcenintensive Produkte andere zu entwickeln. Produkte stellen immer Lösungen für bestimmte Probleme dar; für Probleme gibt es aber immer mehr als eine Lösung. Die Produktivität im Sinne von Wertschöpfung kann also dadurch gesteigert werden, dass ressourcenschonendere Lösungen entwickelt werden. Das Ziel einer ressourcenschonenden Wirtschaft ist über Steuern zu erreichen – Schachtschneider beschreibt es so: „Produkte mit großem ‚ökologischen Fußabdruck‘ werden unattraktiver, weil sie deutlich teurer werden. Letztlich können wir mit der Höhe der Öko-Abgaben die Größe unseres ‚Gesamt-Fußabdrucks‘ steuern udn damit auf ein nachhaltiges Maß begrenzen.“ (S. 11) Das Grundeinkommen an diese Stuern zu binden, ist aber eine unnötige Festlegung und eine Überfrachtung, ja eine Fesselung der befreienden Idee. Dies schadet beidem: dem Bemühen um Grundeinkommen wie dem um Umweltschutz. Ohne die Engführung auf ein „ökologisches Grundeinkommen“ (warum sollte es dann nicht auch andere spezifizierte Formen des Grundeinkommens geben – etwa ein „Bildungsgrundeinkommen“, das aus Steuern finanziert wird, die Bildungsbemühungen ent- und bildungsverhindernde Ausgaben belasten würden…) könnte man durchaus die Geistesverwandtschaft von Grundeinkommen und Umweltschutz herausstellen, zielen sie doch beide darauf ab, den Grad unserer Freiheit zu erhöhen und langfristig zu sichern.

Thomas Loer