„Bedingungsloses Grundeinkommen. Der ewige Traum“ – oder vielmehr ein Vorschlag, der gegenwärtige Widersprüche erkennen lässt?

Timo Reuter schreibt auf Zeit Online über ein Bedingungsloses Grundeinkommen und nennt Vorteile, die es mit sich bringen würde im Vergleich zu heute. Zu Beginn heißt es:

„Es könnte so einfach sein: 1.000 Euro, jeden Monat, ohne dass man etwas dafür tun muss. Alle Menschen würden vom Staat dafür bezahlt, dass sie am Leben sind.“

Missverständlich ist hier zweierlei, zum einen wenn der Staat als eine Größe erscheint, die den Bürgern gegenübersteht. Denn das trifft nur insofern zu, als er Aufgaben wahrnimmt, die die Bürger nach geltenden Verfahren ihm übertragen haben bzw. wollen, dass er sie wahrnimmt. Zum anderen ist das BGE keine Bezahlung im Sinne einer Gegenleistung für eine Leistung, sondern eine Alimentationsverpflichtung der politische Vergemeinschaftung von Bürgern gegenüber ihren Angehörigen. Das mag kleinlich klingen, ist aber ein wichtiger Unterschied.

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„Ohne Utopien droht uns die Hoffnungslosigkeit“…

…schrieb Ilija Trojanow in einem Beitrag für die taz und macht deutlich, wie sehr das Utopische Moment des Realen ist, denn jedes Reale war einst utopisch, so könnte man sagen, im Sinne einer Möglichkeit, die noch nicht wirklich geworden war. So wohnt in jedem Realen wiederum das Utopische als mögliches Anderssein des Realen, enthalten darin als „gelebte Alternative“. Sicher, das Utopische kann totalitär werden, wenn es nicht nur als Möglichkeit im Realen verstanden wird, sondern als ganz anderes Lebens, das erst noch herbeizuführen sei, das über die Köpfe der Bürger hinweg entworfen werden müsse. Solche Vorstellungen finden sich auch in der BGE-Diskussion, das ist jedoch keineswegs zwingend, das Utopische in dieser Weise zu verstehen.

Sascha Liebermann

Lernen und Vergessen…

…damit befasste sich Konrad Paul Liessmann in seiner Kolumne für die Neue Zürcher Zeitung. Ausgang nahmen seine Überlegungen von Diskussionen auf der kürzlich veranstalteten Utopie-Konferenz an der Leuphana-Universität Lüneburg. Liessmann weist treffend darauf hin, dass es bei Bildung nicht darum gehen kann, ständig berauschende Erfahrungen zu machen. Genausowichtig wie solche Erfahrungen sind Ruhephasen, in denen sich nicht viel ereignet, das Erfahrene sich setzen und in Ruhe angeeignet werden kann. Routinen des Alltags sind ein Schutz vor Überforderung, ohne sie wären Erfahrungen nicht möglich. Das sollte bei der Diskussion um Bildungsreformen nicht übersehen werden (siehe hier, hier und hier).

Sascha Liebermann

„Wer wissen will, ob und wie ein Grundeinkommen die Gesellschaft verändert, der muss es einführen“…

…schreibt Georg Vobruba, Professor em. für Soziologie an der Universität Leipzig, in einem Beitrag für den Standard aus Wien, in dem er sich mit der Grundeinkommensdiskussion auch von seiten der Befürworter beschäftigt. Er schreibt:

„I. Sollte es ein Grundeinkommen geben? Das Thema eignet sich gut, um grundlegende Fragen zu erörtern: Fragen der Menschenwürde, nach Anerkennung und gesellschaftlicher Integration, nach dem Sinn von Arbeit, nach der angemessenen Dimensionierung von Politik. Die Einführung eines Grundeinkommens beantwortet all diese Fragen keineswegs überzeugend. Aber die Forderung nach einem Grundeinkommen wirkt als gesellschaftspolitischer Lackmustest: Man erfährt viel über jene, die sich dazu zu Wort melden. Die Verwirklichung der Grundeinkommensidee aber bleibt in weiter Ferne. Woran liegt das? Die Diskussion befasst sich viel zu wenig mit Strategiefragen. Dieses Defizit hat die Grundeinkommensidee in eine Utopiefalle geführt.“

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„Jede zivilisatorische Errungenschaft war irgendwann eine utopische Fantasie“

Ein Interview mit Rutger Bregman, dem Autor von „Utopien für Realisten“, in der Süddeutschen Zeitung. Schon im August führte Der Spiegel ein Interview mit ihm.

Noch deutlicher müsste man herausheben, dass ein BGE gar keine Utopie ist, auch wenn es anders scheinen mag. Vor dem Hintergrund unseres heutigen Sozialstaats mag es so scheinen, als sei ein BGE weit weg. Ganz anders sieht es jedoch aus, wenn wir auf den Lebensalltag schauen, die unspektakuläre Seite, die darin besteht, Entscheidungen zu treffen und verantworten zu müssen, dabei die verschiedensten Fragen zu integrieren, ohne großes Aufheben darum zu machen. Das ist das Fundament unserer Demokratie, das allzuoft übersehen wird. Ein BGE würde endlich den Sozialstaat auf ein Fundament stellen, das der politischen Ordnung gemäß ist.

Sascha Liebermann

Grundeinkommen im heute journal des ZDF

Hier geht es zur Originalversion beim ZDF.
Dass auch in diesem Beitrag am Ende wieder von einer Utopie gesprochen wird, zeigt, wie wenig die Kommentatoren sehen, auf welchen Voraussetzungen unsere Demokratie ruht. Es ist gerade die Stellung der Bürger in ihr, das Prinzip der Volkssouveränität und der bedingungslosen Verleihung von Rechten, die Anlass genug sein müssten, die durchwegs realistische Seite des Bedingungslosen Grundeinkommens zu erkennen.

„Was Experten außer dem Grundeinkommen noch alles für unmöglich hielten…“

…eine schöne Sammlung von Zitaten im jüngsten Newsletter Nr 4, Dezember 2013 des Netzwerk Grundeinkommen

Daraus einige Zitate:

„Es gibt keinen Grund dafür, dass jemand einen Computer zu Hause haben wollte.“ Ken Olson, Präsident von Digital Equipment Corp., 1977

„Ich denke, dass es einen Weltmarkt für vielleicht fünf Computer gibt.“ Thomas Watson, CEO von IBM, 1943

„Alles, was erfunden werden kann, wurde bereits erfunden.“ Charles Duell, Chef des amerikanischen Patentamts, 1899

„Wer zum Teufel, will denn Schauspieler sprechen hören?“ Harry M. Warner, Chef von Warner Brothers, 1927

„Der Fernseher wird sich auf dem Markt nicht durchsetzen. Die Menschen werden sehr bald müde sein, jeden Abend auf eine Sperrholzkiste zu starren.“ Darryl F. Zanuck, Chef der Filmgesellschaft 20th Century-Fox, 1946

„Schwerer als Luft? Flugmaschinen sind unmöglich.“ Lord Kelvin, Präsident der Royal Society, 1895

„Gitarrenbands geraten aus der Mode.“ Decca Recording Company, zu ihrer Ablehnung, die „Beatles“ unter Vertrag zu nehmen, 1962

„Ich glaube an das Pferd. Das Automobil ist nur eine vorübergehende Erscheinung.“ Kaiser Wilhelm II

„Erdöl ist eine nutzlose Absonderung der Erde. Seiner Natur nach ist es eine klebrige Flüssigkeit, die stinkt und in keiner Weise verwendet werden kann.“
Russische Akademie der Wissenschaften, 1806

„Es gibt nicht den geringsten Hinweis, dass Atomenergie jemals nutzbar sein wird“
Albert Einstein

„Die weltweite Nachfrage nach Kraftfahrzeugen wird eine Million nicht überschreiten – allein schon aus Mangel an verfügbaren Chauffeuren.“
Gottlieb Daimler, Erfinder, 1900