Grundeinkommensbefürworter von Bündnis 90/ Die Grünen lancieren Wahlaufruf

Das Grüne Netzwerk Grundeinkommen hat einen Wahlaufruf veröffentlicht, der bislang von über einhundert Befürwortern eines „Grundeinkommens“ aus den Reihen der Grünen unterzeichnet wurde. Damit positionieren sie sich klar.

Was allerdings im Aufruf teils zu lesen steht, ist nicht ganz in Einklang mit dem Programm zur Bundestagswahl oder der Haltung der Spitzenkandidaten. Diese hatten im vergangenen Dezember zum Bedingungslosen Grundeinkommen Stellung bezogen. Darin findet das BGE jedoch kaum Unterstützung.

Im Programm zur Bundestagswahl lautet der Passus zum Grundeinkommen:

„Wir wollen eine breite gesellschaftliche Debatte vorantreiben und Fragen von einer Einführung eines bedingungslosen Grundeinkommens, das gesellschaftliche Teilhabe ermöglicht, über die Frage einer Wertschöpfungsabgabe bis hin zu institutionellen Reformen der Sicherungssysteme in den Blick nehmen. Viele von unseren Vorschlägen von der Kindergrundsicherung bis zur Garantierente wurden auch von dem Vorschlag eines Grundeinkommens beeinflusst. Wir wollen diese Ideen weiterdiskutieren. Wir brauchen Antworten auf bisher nicht geklärte Fragen. Dabei wollen wir auch Erfahrungen aus anderen Ländern berücksichtigen und das Grundeinkommen in einem Modellprojekt erproben.“ („Zukunft wird aus Mut gemacht“, S. 198)

Ein doch eher vorsichtiges Herantasten.

Zur Abschaffung von Sanktionen im Sozialgesetzbuch heißt es auf S. 205:

„Wir wollen, dass das Grundrecht auf Existenzsicherung einfach und zuverlässig wahrgenommen werden kann. Jobcenter sollen zu Dienstleistern der Arbeitsuchenden werden und kooperativ mit ihnen zusammenarbeiten. Wir stärken die Rechte der Leistungsberechtigten und setzen in der Grundsicherung nicht auf Sanktionen, sondern auf Motivation, Anerkennung und Beratung. Daher wollen wir die Sanktionen abschaffen. Dies gilt insbesondere für die Sonderregeln für unter 25-Jährige und für die Kosten der Unterkunft und Heizung.“

Das klingt gut, die Frage ist jedoch, wie realistisch ist dieser Schritt in einem Sozialstaat, der um Erwerbstätigkeit als Norm herumgebaut ist? Lassen sich in diesem Gefüge Sanktionen abschaffen, ohne das ganze Gefüge aufzuheben? Solange selbst für die Sozialhilfe noch gilt, dass ein Dauerbezug nicht vorgesehen ist und Leistungsbezieher wieder, sofern nicht gewichtige Gründe dagegen sprechen, in den Arbeitsmarkt zurückkehren sollen, kann man es für ziemlich unrealistisch halten, dass Sanktionen abgeschafft werden können (siehe dazu auch hier und hier).

Siehe auch frühere Kommentare zur Haltung der Grünen hier.

Sascha Liebermann