„Die Antwort…

…ist ein neues System von Garantieleistungen: Eine Garantierente, eine Kindergrundsicherung und ein Garantieeinkommen für Erwerbstätige, das Aufstocker aus Hartz IV herausholt und gleichzeitig dafür sorgt, dass Erwerbsarbeit besser belohnt wird.“ – so Wolfgang Strengmann-Kuhn in einem Gastbeitrag in derFreitag, auf den Sascha Liebermann kürzlich bereits hinwies. Allerdings beantwortet er nicht die Frage, wer die entsprechenden Leistungen bereitstellen soll – und damit verweigert er sich der entscheidenden Frage, wer der Empfänger der Leistungen sein soll: Erwerbstätige (und diejenigen, die Erwerbsarbeit geleistet haben und zumindest zu Erwerbsarbeit bereit und fähig sind)? Bedürftige (die das natürlich nachweisen müssten)? Oder doch jede Bürger unseres Gemeinwesens, einfach weil er als Person gewürdigt wird?

Zu den Aspekten der „Antwort“:

Garantierente: Stammt sie aus den Rentenkassen? Dann muss sie durch Beiträge finanziert werden – woher kommen die? Stammt sie aus Beiträgen der Erwerbsarbeit Leistenden? Und wer hat dann Anspruch darauf? Nur derjenige, der entsprechende Erwerbsarbeit geleistet hat? (S. dazu die eindrückliche Karikatur von Christiane Pfohlmann.) Nur wenn sie aus Steuermitteln finanziert würde, wäre sie richtig verortet: Der Bürger erhielte sie nahezu bedingungslos (nur nahezu bedingungslos, da erst ab einem gewissen Alter) durch die politische Gemeinschaft deren Angehöriger er ist.

Kindergrundsicherung: Es wäre schön, Strengmann-Kuhn ließe uns wissen, was der Unterschied zum Kindergeld ist… 

Garantieeinkommen für Erwerbstätige: Wer bezahlt es? Wird der Arbeitgeber dazu verpflichtet? Handelt es sich also um einen Mindestlohn? Und wo bleibt die Garantie, wenn die Firma pleite macht? Oder handelt es sich um das „Solidarische Grundeinkommen“, wie die SPD neuerdings das Instrument nennt, das ehemals „sozialer Arbeitsmarkt“ hieß? Wie auch immer, die Garantie bleibt an Erwerbsarbeit gebunden. Wer die nicht leisten will oder kann – tja, den befällt dann eben wohl doch die „Heart’s Fear“, wie Bettina Kenter-Götte das angebliche soziale Sicherungs-, besser wohl: Sanktionsinstrument verschriftlicht…

Also alles in allem bleibt die Fixierung auf Erwerbsarbeit und damit die Frage, was an den aufgeführten Instrumenten eigentlich eine „echte Grundsicherung“ sein soll. Schade, dass die Grünen nicht die Konsequenzen aus ihren behaupteten Wertvorstellungen ziehen… Strengmann-Kuhn jedenfall gibt eine Antwort, die allenfalls verschleiert, aber nicht erübrigt, was die eigentliche Frage ist: Wie wollen wir uns allen ein Leben in Würde ermöglichen? Erst eine „echte Grundsicherung“, die wirklich „armutsfest und sanktionsfrei“ wäre und „ein Leben in Würde und ein Mindestmaß an gesellschaftlicher Teilhabe“ ermöglichte, könnte dies leisten. Das aber ist nur mit einem von der Erwerbsarbeit entkoppelten Einkommen: einem Bedingungslosen Grundeinkommen zu haben; erst dieses würde die verschiedenen Versatzstücke der „Antwort“ tragfähig und systematisch zusammenführen.

Thomas Loer