„Einmal Grundeinkommen, bitte“ – etwas differenzierter wäre auch nicht schlecht…

…so ließe sich ein Beitrag von Mariam Misakian und Annika Janßen auf enkelfähig, einem Online-Magazin, das zum Unternehmen Franz Haniel & Cie gehört, zusammenfassen. Die Autorinnen geben eine Übersicht zur Diskussion um ein Grundeinkommen anhand verschiedener Feldexperimente, deren Aussagekraft sie zwar anzweifeln, ohne aber daraus entsprechende Schlüsse zu ziehen. Wenn Entscheidungen getroffen werden, die die Einführung einer Neuerung betreffen, kann man nie sagen, was genau dabei herauskommt – das gilt nicht nur für die Sphäre des Politischen, sondern für das ganze Leben, also auch für ein Bedingungsloses Grundeinkommen. Nun, was folgt daraus, etwa, gar keine Entscheidungen zu treffen und alles lassen, wie es ist? An zitierten Äußerungen wird deutlich, wie sehr es hierbei stets um die Frage geht, ob eine solche Veränderung auch gewollt ist.

Obwohl auf die anhaltende Diskussion über ein BGE hingewiesen wird, finden sich dann Ausführungen wie diese:

„Doch die Praxistests gestalten sich in der Umsetzung schwierig: Während ein echtes Grundeinkommen das System bestehender Sozialleistungen wie etwa der Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe vollständig und langfristig für die gesamte Bevölkerung ersetzen würde, erhält bei den Praxistests meist nur eine kleine Gruppe von Testpersonen ein Grundeinkommen für eine begrenzte Zeit. Das bestehende System von Sozialleistungen um sie herum ändert sich nicht. Damit verraten die Testläufe am Ende nicht viel über Wirkung und Kosten eines Grundeinkommens. Aber vielleicht ist allein das Experiment schon ein gesellschaftlicher Fortschritt?“

Die vollständige Ersetzung bisheriger „Sozialleistungen“ – Sozialversicherungen sind offenbar nicht gemeint – vertreten manche zwar, wie z. B. Thomas Straubhaar, aber selbst er räumt ein, dass sehr wohl weiterhin bedarfsgeprüfte Leistungen bestehen können. Wie kommen die Autorinnen also zu dieser undifferenzierten Behauptung? Und an anderer Stelle schreiben sie:

„In der Schweiz gab es im Juni 2016 die weltweit erste Volksabstimmung über die Einführung eines bedingungslosen Grundeinkommens. Die Initiatoren hatten ein monatliches Grundeinkommen in Höhe von 2.500 Franken für jeden Schweizer gefordert, das bestehende Sozialleistungen ersetzen sollte. Der Praxistest fiel jedoch aus: Die Abstimmung zeigte vor allem, dass die Vorbehalte der meisten Menschen gegen das Modell weiter groß sind. Rund 80 Prozent der Schweizer lehnten die Initiative ab. Zwar gehen die meisten Schweizerinnen und Schweizer Umfragen zufolge davon aus, dass sie selbst trotz Grundeinkommen weiterarbeiten und sich engagieren würden. Sie fürchten allerdings, dass die Mehrzahl ihrer Mitbürger nicht so handeln und sich lieber auf die faule Haut legen würde.“

Im zur Abstimmung vorgelegten Text (siehe auch hier) der Eidgenössischen Volksinitiative wurde gar kein Betrag genannt, allerdings kursierte in der Schweizer Diskussion (2012-2016) der hier genannte Betrag. Dass in manchen Kantonen die Volksinitiative über 30% Zustimmung erhielt, dass überhaupt die notwendigen Unterschriften erreicht wurden, damit sie zur Abstimmung vorgelegt werden konnte, könnte indes genauso gut als überraschender Erfolg gedeutet werden, wenngleich es keine Mehrheit für ein BGE gibt.

Sascha Liebermann