Etwa ganz paternalismusfrei? Da scheint mir die Diskussion um ein BGE anderes zu zeigen (ganz im Sinne der Tweet-Antwort)…

…abgesehen davon ist die Frage, welche Rechte hier gemeint sind und wie sie im Verhältnis zum Erwerbsgebot stehen. Zwar werden solche Rechte nicht unmittelbar vom Erwerbsgebot angetastet, doch solange Erwerbsteilnahme über allem steht, verbleibt nur ein enger Korridor des Möglichen, der zugleich alles, was nicht Erwerbstätigkeit ist, normativ degradiert. Bekräftigt wird das noch durch die sanktionsbewehrten Einkommensersatzleistungen. An dieser normativen Vorrangstellung ändert sich nichts, wenn neue Arbeitszeitmodelle entwickelt werden, die eine andere „Vollzeit“, mit weniger Stunden, vorsehen, denn das Erwerbsgebot wird dadurch nicht angetastet.

Das Erwerbsgebot und seine emanzipatorische Umdeutung ist der Grund für den Ausbau der Ganztagsbetreuung in Kindergarten und Schule, ohne zugleich die Möglichkeit zu bieten, dem Erwerbsgebot legitim ausweichen zu können. Seit vielen Jahren gilt, in anderen Ländern mit Sozialstaaten noch länger, der Ausbau als eines der wichtigen sozialpolitischen Ziele. Es scheint dabei überhaupt keine Rolle zu spielen, dass damit das Erkundungsbestreben von Kindern und Jugendlichen immer mehr nur unter Beaufsichtigung stattzufinden hat und nicht mehr die Welt in dem Sinne offensteht, sie dort zu erkunden, wo es der Betreffende für interessant hält. Gerade das früher einmal Herumstromern genannte Erkunden des Lebensumfeldes ohne Beaufsichtigung ist elementarer Bestandteil von Bildungsprozessen über die gesamte Kindheit und Jugend. Folgerichtig führt die Ausweitung von Betreuung dazu, das Eigenleben von Familie entsprechend an den Rand des Erwerbslebens zu verlagern, weil nur da Zeit bleibt, sich einander zu widmen. Welche Rechte also wären auszuweiten, wenn hieran etwas geändert werden sollte? Mir ist nur ein Vorschlag bekannt, der das zu leisten vermag, und das ist ein Bedingungsloses Grundeinkommen in entsprechender Höhe.

Sascha Liebermann