„Susanne Garsoffky: Nur ein bedingungsloses Grundeinkommen kann Probleme lösen“…

…ein Interview mit einer der beiden Autorinnen von „Die Alles-ist-möglich-Lüge“ in der Frankfurter Neuen Presse anlässlich ihres neuen Buches „Der tiefe Riss“. In ihrem ersten Buch arbeiteten die Autorinnen heraus, dass die „Vereinbarkeit“ von Familie und Beruf eine schönfärberische Formel ist, die über reale Herausforderungen hinweggeht. So klar viele Argumente in dem Buch sind, so wenig vermochten die Autorinnen aus der Vorstellung herauszutreten, dass doch über Arbeitszeitmodelle eine bessere Vereinbarkeit irgendwie zu machen sein müsste. Auf der Hand lag hingegen damals schon, wie nah sie an das Bedingungslose Grundeinkommen herankommen, ohne den Schluss darauf zu ziehen. Offenbar hat sich das nun geändert, wie diese Passage zeigt:

„GARSOFFKY: Wir wollen weg vom umlagefinanzierten System und plädieren für ein bedingungsloses Grundeinkommen. Wer außerdem arbeitet, verdient dann mehr. Für Kinder gäbe es auch ein Grundeinkommen, möglicherweise niedriger als für Erwachsene. Davon würde zum Beispiel die wachsende Zahl der Alleinerziehenden profitieren, und es wäre auch eine Maßnahme gegen Kinderarmut.

Halten Sie das für realistisch?

GARSOFFKY: Am Anfang dachten wir selbst, es handele sich beim Grundeinkommen um eine unrealistische Idee. Aber wir haben intensiv recherchiert und inzwischen klinken sich viele in diese Debatte ein. Und sie wird auch relevanter werden, weil durch die Digitalisierung viele Arbeitsplätze wegfallen. Deswegen ist ein Grundeinkommen nicht vollkommen unwahrscheinlich. Zur Höhe gibt es natürlich verschiedene Modelle. Es fielen dann alle anderen Sozialleistungen weg – und somit auch viel Verwaltungsaufwand.

Wäre ein Grundeinkommen nicht für manche ein falscher Anreiz, nicht mehr zu arbeiten oder Kinder zu bekommen, um die sie sich nicht kümmern oder die sie gar misshandeln?

GARSOFFKY: Solche Fälle lassen sich natürlich nicht ausschließen. Aber es ist eine Frage des Menschenbildes, das wir haben. Ob wir den Menschen für grundsätzlich faul halten – oder ob wir glauben, dass er grundsätzlich nach einer sinnvollen Beschäftigung sucht. Wenn wir dem zweiten Bild zuneigen, dann glauben wir auch, dass die meisten verantwortungsvoll mit einem Grundeinkommen umgehen würden. Und die Minderheit, die das nicht kann, muss eine liberale und demokratische Gesellschaft tolerieren können.“

Es ist doch interessant zu sehen, wie ein Wandel hin zum BGE sich durch die Auseinandersetzung mit bestimmten Fragen ergeben kann, wenngleich hier offenbar ein bestimmtes Konzept den Denkanstoß gegeben hat. Es ist keineswegs notwendig, alle Leistungen jenseits des BGEs abzuschaffen.

Sascha Liebermann