„Ich lehne diese Stillhalte- oder besser gesagt Stilllegungsprämie für Menschen ab“…

…, ja, kann man sie denn stilllegen? Zumindest behauptet Christiane Benner, zweite Vorsitzende der IG Metall, dass es möglich sei, sonst müsste davor ja nicht gewarnt werden. Im Interview mit der Augsburger Allgemeinen hat sie sich so geäußert, was der Titel des Interviews nicht angemessen wiedergibt. In der Passage, in der es um das Grundeinkommen geht, heißt es:

„Was machen wir mit den Verlierern der Digitalisierung? Siemens-Chef Joe Kaeser zieht hier ein vom Staat finanziertes Grundeinkommen in Betracht, auch um zu verhindern, dass noch mehr Menschen populistischen Politikern auf den Leim gehen. [Kaeser hat nie für ein Bedingungsloses Grundeinkommen plädiert, allenfalls für „eine Art Grundeinkommen“, SL].

Benner: Ich lehne diese Stillhalte- oder besser gesagt Stilllegungsprämie für Menschen ab. Damit würden wir uns aus der Verantwortung stehlen. Es kann ja nicht angehen, dass diejenigen, die ihren Job behalten haben, mit ihrem Steuergeld dafür aufkommen müssen, dass Unternehmen viele Beschäftigte nicht mitgenommen haben. Das wäre ja pervers. Außerdem ist es ein elitärer Ansatz, zu glauben, man könnte darüber urteilen, wer bei der Digitalisierung mitmachen darf und wer nicht. Klar ist doch: Menschen, die zu Verlierern der Digitalisierung gestempelt und mit einem Grundeinkommen alimentiert würden, fühlen sich dann alleingelassen und schlecht behandelt. Das geht doch gegen den Stolz und den Arbeitsethos der Menschen.“

Ist das nicht gut gemeint, eine schützende Hand über die Menschen zu halten? Wer aber behauptet, Menschen ließen sich stilllegen, spricht ihnen ihre Mündigkeit ab – genau das tut Frau Benner. Menschen sind eben keine Maschinen, die man abschalten kann. Wenn sie sich von einem BGE den Schneid abkaufen lassen, dann scheinen sie es eben zu wollen. Auch das ist legitim. Ihnen abzusprechen, dies wollen zu dürfen, ist bevormundend. Erstaunen kann einen doch, in welchem Brustton der Überzeugung die Helferin und Beschützerin nicht merkt, wie sie die Autonomie der Bürger erstickt.

Sind Unternehmen denn Beschäftigungsanstalten in Absehung von Wertschöpfung? Damit degradiert Frau Benner Arbeit zu einer Beschäftigungsbeschaffungsmaßnahme, die keine Sachbindung mehr benötigt, sondern nur noch dazu dient, „Beschäftigte mitzunehmen“. Dem kann man nur diese Haltung entgegenhalten, die in einer Äußerung Götz W. Werners zum Ausdruck kommt: „Die Wirtschaft hat ja im Grunde die Aufgabe die Menschen von der Arbeit zu befreien“. Die infantilisierende Redeweise, es für elitär zu halten, wer bei der Digitalisierung „mitmachen“ dürfe, unterstellt wiederum zum einen, als könne man sich damit nicht befassen, ohne einen Arbeitsplatz zu haben, zum anderen als gehe es um’s Mitmachen, wie in einer pädagogisierenden Teambildungsmaßnahme.

Da alle ein BGE erhielten, würde niemand abgestempelt. Die Sorgen, die Frau Benner hat, haben mit dem BGE direkt gar nichts zu tun, sie richten sich eher auf die Frage, wird es weiter öffentliche Beratungs- und Hilfsangebote geben. Das wäre durchaus sinnvoll, wobei man auch fragen muss, welcher dieser Angebote heute existieren würden ohne das Erwerbsgebot. Welchen Charakter würden sie annehmen müssen, um nach Einführung eines BGE sinnvoll zu sein? Da macht es sich Frau Benner leicht und verklärt die gegenwärtigen sozialstaatlichen Verhältnisse.

Und weshalb sollte eine BGE gegen den „Stolz und das Arbeitsethos der Menschen“ gehen? Zuerst einmal erkennt ein BGE den Einzelnen so an, wie er ist, ein stärkeres Signal kann es gar nicht geben. Darüber hinaus unterstützt ein BGE ja gerade das Leistungsethos, verengt es aber nicht auf Erwerbstätigkeit. Soviele unnötige Missverständnisse oder vielleicht doch absichtliches Nichtverstehen?

Sascha Liebermann