„…innere Konflikte…“ statt schönfärberische Formeln…

…das wird im Beitrag von Julia Schaaf über die Bürgermeisterin von Coesfeld in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung sehr klar, in dem sich die Bürgermeisterin dazu äußert, wie es ist, kleine Kinder zu haben und berufstätig zu sein:

„Andererseits spricht sie offen über ihre inneren Konflikte als Mutter: „Das gibt es jeden Tag, dass ich hin- und hergerissen bin.“ Auch wenn sie beim Abschied in der Kita morgens nie sage, dass sie zur Arbeit müsse – „ich will zur Arbeit gehen, ich bin glücklich damit“: Zu gehen falle manchmal schwer. „Und natürlich sehe ich andere Familien, die nachmittags einfach auf dem Spielplatz abhängen und mit den Kindern gemeinsam den Sommer genießen.“ Manchmal werde ihr bewusst, wie die Zeit verstreiche, während sie Entwicklungsschritte ihrer Kinder verpasse. Das Seepferdchen zum Beispiel. Und sie war nicht dabei: „Das ist schon schwierig.“

Kein Vorwurf, keine Gewissensbisse, kein Hadern: Eliza Diekmann lässt die Widersprüche der Gegenwart, die auch ihr Leben prägen, einfach so nebeneinanderstehen.“

Diese treffende Beschreibung der Zerrissenheit (siehe auch hier und hier) ist es, die Frau Diekmann offenbar so stehen lassen und ihren Weg finden kann, wie sie das aushält und sich dazu verhält. Sie übertüncht – zumindest laut Bericht – nicht, wie es die Vereinbarkeitsformel ganz weltfremd tut, den unausweichlichen Konflikt beider Lebenssphären. Zwar wird meist über Mütter berichtet, die damit ringen, für Väter existiert er jedoch ebenso, nur erhält das nicht so viel Aufmerksamkeit und sie artikulieren es weniger.

Von dieser Einsicht ausgehend könnte von der Verherrlichung der Vereinbarkeit und dem Vorrang von Erwerbstätigkeit abgelassen werden, doch dann stellte sich die Frage, wie damit umzugehen wäre, welche Möglichkeiten für Eltern geschaffen werden müssen, sich diesem Konflikt vorbehaltlos zu stellen. Bislang ist es so, dass das Gemeinwesen unter der Vereinbarkeitsformel den Konflikt verbrämt und zugunsten von Erwerbstätigkeit entscheidet. Wenn das nicht weiter der Fall sein soll, muss es eine Alternative zum Vorrang von Erwerbstätigkeit geben, hier weist ein Bedingungsloses Grundeinkommen den Weg.

Sascha Liebermann