Gute Anmerkungen,…

…es ist eben ein Unterschied, ob man in einer wissenschaftlichen Studie etwas nachweisen kann oder ob man sich aufgrund einer spezifischen Gerechtigkeitsvorstellung für oder gegen etwas entscheidet. Letzteres kann und muss häufig gerade ohne Studienlage geschehen durch Abwägen und letztlich Werturteile, wenn Entscheidungen nötig sind, Studien aber nicht vorliegen. Hilfreich für die Entscheidungsfindung ist dann eine öffentliche und parlamentarische Auseinandersetzung. Wenn aber Studien vorliegen, die grundlegende Einsichten bieten, sollten sie herangezogen werden. Was die Studie von Sanktionsfrei, so wie sie präsentiert wurde, an Einsichten bietet, ist vor mehr als zwanzig Jahren schon in einer Untersuchung über das „Theorem der Armutsfalle“ herausgefunden worden. Nicht muss gezeigt werden, dass Individuen dem „Armutsfallentheorem“ nicht entsprechen, es muss gezeigt werden, dass sie ihm tatsächlich folgen. Das ist aber nicht der Fall. Daraus folgt, dass entscheidende Annahmen, mit denen Sanktionen begründet werden, nicht haltbar sind. Daran ändert sich auch nichts, wenn Studien zeigen, dass Sanktionen doch auch zur Aufnahme von Erwerbstätigkeit führen können. Denn in dieser Setzung eines Zieles, wird darüber hinweggegangen, dass es viele gute Gründe geben kann, eine Erwerbstätigkeit nicht aufzunehmen, weil sie mit anderen Verpflichtungen und Verantwortlichkeiten kollidieren würde. Es kann unvernünftige Gründe geben, die zu einer Erwerbsaufnahme führen. Der Umstand, dass sie geschieht, besagt nichts.

Nur wenn Erwerbsteilnahme als Ziel gesetzt wird, ist eine durch Sanktionen herbeigeführte „Eingliederung“ ein „Erfolg“, aber einer um den Preis dessen, das praktisch vernünftige Abwägen aus der Perspektive des Einzelnen durch Sanktionsbewehrung zu unterlaufen.

Sascha Liebermann