Annalena Baerbock und Julia Friedrichs zum Grundeinkommen – solche Ausführungen angesichts der differenzierten Diskussion!

Die im Tweet verlinkte Aufzeichnung eines Gesprächs am 1. Mai mit Sven Giegold, Julia Friedrichs und Annalena Baerbock befasst sich auch kurz mit dem Bedingungslosen Grundeinkommen. Angesichts der – wie auch im Gespräch erwähnt wird – Bedeutung, die das BGE seit einigen Jahren schon für sozialpolitische Diskussion hat, staunt man doch, ob der Ausführungen, die hier dagegen gemacht werden. Annalena Baerbock zieht es vor (ab Min 44), diejenigen zu unterstützen, die es am nötigsten haben, vergisst aber zu erwähnen, dass alle heute schon unterstützt werden, ganz gleich, ob sie es nötig haben oder nicht, und zwar mit dem Grundfreibetrag in der Einkommensteuer. Was fürsorglich klingt, ist oberflächlich, baut einen Pappkameraden auf. Desweiteren sagt sie, Menschen wollten arbeiten – welche Arbeit? -, dabei spricht das nicht gegen, sondern für ein BGE, es würde daran nämlich gar nichts ändern. Weshalb kann denn dann daraus ein Einwand werden? Doch nur, wenn unterstellt wird, ein BGE fertige Bürger ab, stelle sie in die Ecke, nehmen ihnen jeglichen Willen?! Gerade mit einem BGE würde ja Vieles einfacher, als es heute ist, „Teilhabe“, ein großes Wort, wäre auf einfache Weise mit Realität gefüllt. Deutlich wird rasch, dass es nur um eine bestimmte Arbeit geht, Erwerbsarbeit, und alles andere eben doch keine Rolle spielt. Sanktionen sollen natürlich abgeschafft werden, die Garantiesicherung nicht vom Ehepartner abhängig sein – schön, schön, weshalb spricht das gegen ein BGE, wenn es doch dafür spricht? Die Armutsfalle darf natürlich auch nicht fehlen, Zuverdienst muss sich lohnen usw.

Julia Friedrichs bringt ähnliche Einwände vor (ab Min 41), gegen Armut müsse ernsthaft etwas unternommen werden, ja, was denn? Was dann kommt, ist wenig, dabei wäre gerade ein BGE nicht nur ein verlässliches Einkommen, sondern eben auch frei von Stigmatisierung, die übrigens kaum Erwähnung findet, dabei ist sie eine entscheidende Seite heutiger sozialstaatlicher Leistungen. Die Kindergrundsicherung hält sie für einen richtigen Schritt, ja, einen halbherzigen müsste man sagen und missverständlichen, während die Eltern weiter mit der Erwerbsverpflichtung konfrontiert sind. Dass Erwerbstätige für ihre Arbeit gut bezahlt werden sollen, ist nobel, die Frage bleibt, wie das zu erreichen ist. Friedrichs kommt nicht in den Sinn, welche Bedeutung hierfür eine Machtverschiebung am Arbeitsmarkt hätte, die gerade durch ein BGE auf einfache Weise erreicht werden könnte – dazu müsste man allerdings den Bürgern zutrauen, auch verhandeln zu können und ihnen gestatten, es zu lassen, wenn sie es nicht wollen. Selbst für Gewerkschaften könnte ein BGE förderlich sein. Arbeit sei mehr als Geldverdienen (achja, wieder ein Pro-BGE-Einwand) und sei wichtig für „sozialen Zusammenhang“ – das ist eine echte Verklärung, zu der ich mich schon so oft geäußert habe, dass ich darauf nur verweise.

Unbezahlte Arbeit, Demokratie, die Stellung der Bürger – unbedeutend, findet in den Passagen keine Erwähnung, das lässt nicht gerade hoffen.

Siehe unsere früheren Kommentare zu Ausführungen Julia Friedrichs und Annalena Baerbocks (hier und hier) zum Grundeinkommen.

Sascha Liebermann