Steigerung der Erwerbstätigenquote als Hilfsmittel gegen demographische Entwicklung – was bleibt von Familie übrig?

Das muss man fragen, wenn man den Beitrag von Gustav A. Horn und Rudolf Zwiener auf Makronom und seine resümierenden Vorschläge liest.

Statistisches Bundesamt

Resümierend halten die Autoren fest, dass eine Steigerung des Erwerbspotentials, insbesondere von Frauen, Älteren und Migranten, eine Möglichkeit ist, dem demographischen Wandel zu begegnen. Was würde das praktisch heißen? Angesichts einer Erwerbstätigenquote bei Frauen, die in den letzten zehn Jahren schon deutlich zugenommen hat und im Vergleich mit anderen europäischen Staaten hoch ist, hieße das, noch weniger „Zeit für Familie“ (der widersprüchliche Achte Familienbericht heißt so), als es heute schon der Fall ist. Frauen als Mütter würden sich auf die beklagenswert viel zu häufige Abwesenheit von Vätern zubewegen. Was wäre damit gewonnen? Nur, dass Familie noch weiter hinter den Arbeitsmarkt zurücktreten soll, als es schon der Fall ist (siehe dazu auch diesen Beitrag von Stefan Sell, siehe auch meinen Kommentar hier).

Am Ende des Beitrags von Stefan Sell findet sich ein interessanter Kommentar, der an der Bedeutung unbezahlter Arbeit keineswegs zweifelt, aber dann doch eines richtigstellen will: „Und es muss klar sein, dass die so begründeten Renten [für Frauen, die in der Erziehungszeit waren, SL] aus Einkommen finanziert werden müssen, die ausschließlich in der Erwerbsarbeit entstehen.“

Was plausibel klingt, ist aber, entgegen der vorangehenden Zugeständnisse von Krämer in seinem Kommentar, doch wieder eine Vereinseitigung. Wo, das ist entscheidend, entsteht die Leistungsfähigkeit, die dafür nötig ist, dass später einmal unter anderem Güter und Dienstleistungen in Erwerbsarbeit erzeugt werden können? Die entscheidenden Weichen stellen familiale Bildungsprozesse von Kindern. Welchen Anteil erhalten denn die Familien daran? Er lässt sich nicht beziffern, aber in seiner Tragweite benennen, weil diese Bildungsprozesse die Grundlage für jede Form von Leistungserbringung im Erwachsenenalter schaffen. Von einer materiellen Ausstattung mit Gütern und Dienstleistungen, wie der Autor in seinem Kommentar nahelegt, sind sie relativ unabhängig. Es ist also etwas faul an einem Sozialstaat, der diese außerordentlich wichtige Leistung von Familien derart mit Füßen tritt, wie wir es tun. Solange aber die Vorstellung dominiert, Leistung entstehe in Erwerbsarbeit, setzen wir den Irrweg fort.

Sascha Liebermann