„Roboter führen nicht zu Massenarbeitslosigkeit“ – aus der Vergangenheit auf die Zukunft schließen?

In einem Beitrag von Jens Südekum, Professor an der Universität Düsseldorf, auf der Website Wissenschaftsjahr, befasst sich dieser mit den Folgen von Technologienutzung auf die Substitutierung menschlicher Arbeitskraft in der Vergangenheit. Was haben er und seine Kollegen untersucht? Das, worüber sie Daten hatten, also das Vergangene. Was schreibt er:

„Es zeigt sich aber, dass Roboter nicht zu direkten Entlassungen geführt haben. Die Unternehmen schufen aber weniger neue Arbeitsplätze für Berufseinsteiger. Der Strukturwandel verlief also über Generationen hinweg.
Neue Technologien sollten Gesellschaft und Politik also nicht in Panik versetzen. Wellen der Massenarbeitslosigkeit stehen nicht an. Viele der Horrorszenarien, die in den Medien verbreitet werden, sind substanzlos, spekulativ und entbehren einer wissenschaftlichen Grundlage.“

Eine Versachlichung dieser Diskussion kann nur hilfreich sein, die Frage ist nur, ob, was Südekum und Kollegen herausgefunden haben, auch für die Zukunft gilt? Denn sie konnten sich nur die Folgen von Entscheidungen in der Vergangenheit anschauen. Folglich sind seine Schlussfolgerungen auf die Zukunft nicht gedeckt, denn dazu kann die wissenschaftliche Analyse nichts beitragen, er hätte sich also auf Äußerungen über die Vergangenheit beschränken müssen. Hinzu kommt noch, dass zumindest in dem Beitrag nicht die Frage gestellt und dann erklärt wird, weshalb es so war, wie es war. Ist in der Vergangenheit denn offensiv automatisiert worden? Dagegen spricht manches, weil offensive Automatisierung mit dem politischen Konsens kollidiert, demzufolgen das Schaffen bzw. Erhalten von Arbeitsplätzen wichtig ist. Diese Haltung kann durchaus wertschöpfungshemmend sein (siehe zu einem ähnlichen Problem hier).

Dass Südekum und Kollegen durchaus nicht der Meinung sind, angesichts dieser Befunde könne sich ausgeruht werden, zeigt sich hier:

„Die Erträge aus dieser neuen Technologie fallen also nicht beim Faktor Arbeit an. Bislang waren diese Verteilungseffekte noch moderat. Aber sie können in Zukunft stärker werden, etwa durch die weitere Entwicklung der künstlichen Intelligenz (KI).
Die Gesellschaft sollte über dieses tatsächliche Problem der Digitalisierung diskutieren. Antworten reichen von mehr klassischer Einkommensumverteilung über Modelle des bedingungslosen Grundeinkommens bis hin zu Formen der Mitarbeiterbeteiligung am Kapitalstock oder den Unternehmensgewinnen.“

Sie sehen also durchaus Entwicklungen, auf die politisch eine Antwort gefunden werden muss, hier sind die Schlussfolgerungen auch vorsichtiger als oben. Die gesamten Ausführungen machen wieder einmal deutlich, wie sehr die Frage der Technologienutzung davon bestimmt wird, welche Folgen sie auf Arbeitsplätze hat. Südekum deutet allerdings an, dass es aufgrund der ungleichen Effekte auf die Einkommenschancen andere Wege geben muss zukünftig, als Einkommen über Erwerbsarbeit weiterhin als normatives Ideal zu pflegen.

Siehe auch das unten stehenden Interview:

Sascha Liebermann