Ausgewogene Darstellung, aber doch verengter Blick und Verkürzungen…

…enthält der Beitrag im Handelsblatt über „Die Vor- und Nachteile eines bedingungslosen Grundeinkommen“.

Zu Beginn werden sogleich als erster Grund für ein BGE etwaige Folgen der Digitalisierung (siehe auch hier) angeführt. In der Tat ist das eine häufig anzutreffende Begründung, die allerdings fragwürdig ist.

Ein BGE ist nicht nur für Staatsbürger gedacht, wenngleich deren Stellung hierfür von besonderer Bedeutung ist. Personen, die zwar nicht Staatsbürger sind, ihren Lebensmittelpunkt jedoch in Deutschland haben und zu definierende Aufenthaltskriterien erfüllen, sind ebenso als Bezieher vorgesehen. Zu definieren wäre auch, wie es mit Staatsbürgern ist, die ihren Lebensmittelpunkt nicht in Deutschland haben. Für all dies gibt es häufig schon Regelungen, die aufgegriffen und entsprechend modifiziert werden könnten.

Dann werden Modelle angeführt, die am häufigsten genannten drei sind:

1) Das „Solidarische Bürgergeld“ – Dieter Althaus hat es später selbst als partielles bedingungsloses Grundeinkommen bezeichnet, weil es niedrige Regelbeträge vorsieht. Auch operiert es wie eine Negative Einkommensteuer (NES). Siehe unsere früheren Beiträge hierzu.

2) Das „emanzipatorische Grundeinkommen“ – hiervon gibt es eine NES-Variante und eine als Sozialdividende.

Kinder sollen den halben Betrag erhalten, was für Alleinerziehende eine relative Schlechterstellung bedeutet, obwohl sie gerade mehr schultern müssen.

3) Götz W. Werners „Modell“ ist – das sagt der Beitrag nicht – weniger ein Modell als ein stetiges Ausloten von Begründungen für ein BGE. Zwar ist die Verbrauchs- oder Konsumsteuer das auffälligste Element in der Herleitung, doch Werner hat sich in der weiteren Ausgestaltung wenig festgelegt und vor allem immer wieder Zusammenhänge verschiedener Begründungsaspekte ausgelotet. Obwohl Werner anfangs das BGE als ausgleichenden Steuerfreibetrag betrachtete, geht es doch keineswegs vorrangig darum, „ärmeren Bevölkerungsschichten […] Teilhabe“ zu ermöglichen. In der jüngsten Ausgabe von Einkommen für alle, wird das allzu deutlich. Anfangs vertrat Werner die Auffassung, ein BGE trete an die Stelle der Sozialleistungen, gab das aber bald auf.

Dass im Beitrag überhaupt das Solidarische Grundeinkommen Erwähnung findet, überrascht, hat es mit einem BGE doch nun gar nichts gemein.

Zur Frage der Finanzierung bleibt zu erwähnen, dass nicht die Bruttokosten entscheidend sind, sondern die Nettokosten. Der Bundeshaushalt heutigen Zuschnitts ist keine relevante Bezugsgröße.

Sascha Liebermann