Die Chimäre von der „Vereinbarkeit“ – dennoch muss sie sein…

…so zumindest liest sich der Beitrag Livia Gersters in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung (Bezahlschranke) vor dem Hintergrund des Rücktritts der Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Anne Spiegel. Die darin zitierten Politikerinnen, die selbst Mütter sind, sehen den Rücktritt und seine Begründung aus verschiedenen Perspektiven. Sie begrüßen, dass sichtbar wird, wir fordernd der „Politikbetrieb“ ist, wie unterschiedlich seine Erwartungen an Väter und Mütter, wie wenig er auf die Herausforderungen von Familien Rücksicht nimmt. Zugleich aber soll es möglich sein, beides zu „vereinbaren“, das Vollzeit-Engagement in der Politik und Familienleben. Dass der Alltag anders aussehen könnte, Abstimmungen zusammengelegt werden könnten usw. wird mit Blick auf das Europäische Parlament aufgezeigt. Die hierfür zitierte Politikerin kommentiert das so:

„Deshalb war es auch selbstverständlich, dass die Abgeordneten abends bei ihren Familien waren“.

Immerhin, doch: vereinbar? Wo ist die Vereinbarkeit, wenn der Alltag mit Vollerwerbstätigkeit beider Eltern gepflastert ist und das Familienleben in die Randzeiten entschwindet? Von einem realistischen Verständnis von Familie ist das weit entfernt, eben doch Un-Vereinbarkeit.

Sascha Liebermann