Planifikatorische Befreiung durch Festhalten an der Erwerbsfixierung

Christoph Butterwegge in einem kurzen Gespräch auf 3sat über Kinderarmut und was gegen sie unternommen werden könnte. Er geht dabei auf bestehende Angebote wie das Bildungs- und Teilhabepaket ein, das zu bürokratisch sei. Höhere Löhne seien wichtig, dass Eltern ein entsprechendes Einkommen erzielen können, der Mindestlohn nicht ausreichend. Nicht fehlen darf die Ganztagsschule, auch die Gemeinschaftsschule, damit Kinder aus armen Familien aus ihrem Milieu hinauskommen. Um welchen Preis? Wer entscheidet darüber, dass sie da hinauskommen sollen?

Gerade die Ganztagsschule ist ein Beispiel, an der deutlich wird, wie planifikatorisch Bildungsprozesse gedacht werden (siehe auch hier, hier und hier). Ganztagsbetreuung, ob in Kita oder Schule macht keinen Unterschied, führt dazu, dass selbstbestimmte Freiräume erheblich reduziert werden, da die Kinder sich stets in einem beaufsichtigten Rahmen aufhalten. Ein freies Erkunden ihres Lebensumfeldes ist da nicht mehr möglich, aber genau das ist dafür wichtig, um selbstbestimmte Erfahrungen machen zu können. Butterwegge wie andere wollen an dem entscheidenden Hebel nicht ansetzen, der Erwerbsfixierung. Alles und jedes wird an diesem Maßstab gemessen, ein Jenseits davon gilt nichts. Dass es gerade diese Erwerbsfixierung ist, die unliebsame Folgen erzeugt – Ausschluß, Stigmatisierung, Abwertung „unbezahlter Arbeit“ – wird nicht gesehen.

Wolkig illusionär ist dann die Vorstellung, die auch Butterwegge äußert, eine bedarfsgerechte Grundsicherung sei das probate Mittel, repressionsfrei müsse sie sein. Wie soll das bei zugleich vorherrschender Erwerbsfixierung möglich sein, von der er selbst kürzlich gesagt hat, dass, wer erwerbsfähig ist, auch die Pflicht habe, erwerbstätig zu sein?

Siehe auch weitere Kommentare von uns zu Kindergrundsicherung, Vereinbarkeit von Familie und Beruf, „Eltern als Störung“

Sascha Liebermann