Abkehr von Hartz IV? Ach was, schon wieder…

…wurde nicht vor wenigen Monaten schon einmal so etwas gemeldet aus der SPD (siehe meinen Kommentar hier)? In einer gemeinsamen Erklärung heißt es:

„Vertreterinnen und Vertreter der Parteilinken, das heißt aus dem SPD-Parteivorstand, aus der Parlamentarischen Linken, sowie aus den Vorständen von Jusos, DL 21 sowie Arbeitsgemeinschaften und linke Vertreterinnen und Vertreter aus Landesverbänden haben nach einer Diskussion mit dem Regierenden Bürgermeister von Berlin, Michael Müller, über sein Konzept des „solidarischen Grundeinkommens“ vereinbart, dass wir in Abkehr des bisherigen Hartz-IV-Systems diesen Vorschlag aufgreifen und eine Sozialstaatsdebatte nach vorne führen wollen.“

Das „solidarische Grundeinkommen“ als Anfang für „eine Sozialstaatsdebatte nach vorne“? Das klingt eher als eine Debatte „nach hinten“. Und worin bestünde denn die Abkehr von Hartz IV?

Dann heißt es:

„Ein Sozialstaat, der Reformideen wie eine eigenständige Kindergrundsicherung,…“

Siehe dazu meinen Kommentar hier.

„…die deutliche Erhöhung der Mindestlöhne, einen neuen sozialen Arbeitsmarkt für Langzeitarbeitslose mit Mindestlohn und Sozialversicherungspflicht (eben das „solidarische Grundeinkommen“), ein sanktionsfreies Existenzminimum…“

Sanktionsfrei, ohne das Erwerbsgebot, das allen Leistungen zugrundeliegt, aufzuheben? Entweder ist das naiv oder die Befürworter haben den Zweck des heute existierenden Sozialstaats noch nicht verstanden, siehe hier. Es kann in diesem Gefüge keine Sanktionsfreiheit geben, weil dann der Zweck der Rückführung in den ersten Arbeitsmarkt bzw. überhaupt in den Arbeitsmarkt aufgegeben würde. Dann könnte gleich der Schritt zum Bedingungslosen Grundeinkommen gegangen werden und auch hierfür folgenreich sein:

„…eine deutlich bessere Unterstützung für Alleinerziehende, gebührenfreie qualitativ hochwertige frühkindliche Bildung und die Einführung eines Chancenkontos für lebenslange Weiterqualifizierung umfasst…“

Alleinerziehende würden vom BGE ebenso profitieren. Jetzt kommt hier aber wieder das „Chancenkonto“ um die Ecke, das doch auf Erwerbstätigkeit bezogen ist, siehe hier.

Also doch – zumindest das Fundament betreffend – alles beim Alten. Von anderer SPD-Seite war kürzlich noch von Würde durch Arbeit die Rede.

Sascha Liebermann