In der Sendung Kirche im WDR (Rede als PDF) sprach Pfarrerin Silke Niemeyer zum 1. Mai und bezog sich auf eine häufig zitierte Wendung aus den Paulus-Briefen.
Ihren Ausführungen ist in vielerlei Hinsicht zuzustimmen – sie enden so:
„…Wer nicht arbeiten will, soll auch nicht essen? Die Arbeiterbewegung hat die nötige Ergänzung gefunden und Paulus damit einen Dienst erwiesen: „Und weil der Mensch ein Mensch ist, drum braucht er was zu essen, bitte sehr.““
Recht hat sie, doch wie erhält er das Essen, unter welchen Bedingungen? Wie muss die Bereitstellung aussehen, das sie unseren Lebensbedingungen und -möglichkeiten entspricht (siehe auch hier und hier)? Wenn der Mensch als Mensch im Zentrum stehen soll, was immer nur in einem konkreten Gemeinwesen der Fall ist – wenn er also ein konkreter Mensch unter konkreten historisch-gewachsenen Lebenszusammenhängen ist und nicht ein Gattungswesen -, dann muss die Bereitstellung diesen Verhältnissen entsprechen. Und sie muss als erstes gebieten, dass er es erhält, weil er Mensch im oben genannten Sinne ist. Dann darf Erwerbstätigkeit als Gebot nicht an erster Stelle stehen, was sie aber tut, wenn die Existenzsicherung zur Notfall- oder Ausnahmeleistung wird, wie das in allen Systemen sozialer Sicherung der Fall ist. Sie gewähren Leistungen erst, wenn kein Erwerbseinkommen vorliegt oder erzielt wird. Genau an diesem Vorrang hält die Arbeiterbewegung jedoch bis heute fest und sie entspricht gerade nicht dem Menschenbild des Neuen Testaments, wenn man der Auslegung Bischof Knuths folgt.
Wollen wir also damit ernst machen und den Menschen in den Mittelpunkt stellen, brauchen wir ein Bedingungsloses Grundeinkommen, das alle erhalten, die ihren Lebensmittelpunkt in Deutschland haben. Alle dafür notwendigen Voraussetzungen sind vorhanden: Staatsbürger erhalten es und Personen mit Aufenthaltstitel (welcher genau, wäre zu definieren). Weder bedarf es eines Systemwechsels dazu, noch eines neuen Menschen.
Sascha Liebermann