„Gehen Sie mal auf die Internetseite der Bundesagentur für Arbeit“…

…, die Friedrich Merz noch „Bundesanstalt für Arbeit“ nennt, was werden sie dort sehen? Sie werden dort über Rechte und Pflichten informiert, stoßen alsbald hierauf:

„Ihre finanziellen Leistungen können gemindert werden, wenn Sie Ihre Pflichten verletzen.“

Wo ist da „Werbung für ein sorgenfreies Leben“ zu erkennen? Merz verdreht die Tatsachen, auch wenn seine Kritik an der Bezeichnung „Bürgergeld“ durchaus etwas trifft, allerdings ist es gerade das nicht, was der Begriff suggeriert, und zwar ein Bedingungsloses Grundeinkommen.

Wenn Merz in Wolfgang Clement (siehe hier und hier) einen Mitstreiter erkennt, der in seinem Sinne gehandelt hat, dann plädiert er für eine weitere Moralisierung von Erwerbsarbeit, die mit Leistungsbereitschaft und -erbringung gar nichts zu tun hat. Spätestens dann, wenn Merz davon spricht, dass es um „Beschäftigung“ gehe, müssten Unternehmer hellhörig werden, denn nicht Beschäftigung zu schaffen oder zu sichern ist ihre Aufgabe, Wertschöpfung zu erbringen ist ihre Aufgabe. Das ist bedauerlicherweise selten zu vernehmen, Götz W. Werner war eine Ausnahme:

„STANDARD: Arbeitgeber wären von der Verantwortung freigespielt, für existenzsichernde Jobs zu sorgen.

Werner: Das ist auch nicht Aufgabe der Unternehmer. Ihr Job ist es, unter Einsatz von Geist, ressourcenschonend, mit sparsamen Umgang mit menschlicher Lebenszeit konsumfähige Güter herzustellen. Wir nehmen als Unternehmer ja Lebenszeit in Anspruch.“ (Quelle)

Oder auch hier:

„[Stuttgarter Zeitung] Aber der Wohlstand kommt doch von Arbeit, nicht von Arbeitslosigkeit. Wie schaffen wir es, dass wieder mehr Arbeitsplätze entstehen?

[Götz W. Werner] Das ist nicht die Frage, die sich ein Unternehmer stellt. Kein Unternehmer überlegt sich morgens, wenn er in den Laden kommt: Wie kann ich heute möglichst viele Menschen beschäftigen? Allein die Vorstellung ist schon absurd. Die Frage lautet umgekehrt: Wie kann ich mit einem möglichst geringen Aufwand an Zeit und Ressourcen möglichst viel für meine Kunden erreichen? Wie kann ich den Laden besser organisieren? Und besser organisieren heißt immer, Arbeit einzusparen. Das ist ein absolutes unternehmerisches Prinzip.“ (Quelle)

Nicht ist das Bürgergeld ist das Problem, sondern die vollkommen hohle und leerlaufende Belobigung des Erwerbstätigseins. In diesem Sinne hat Merz vollkommen recht, er setzt ein Verständnis von Leistung fort, das auch Wolfgang Clement vertreten hat und das dem Geist der Hartz-Gesetze entspricht – nur mit Leistung hat das gar nichts zu tun. Was könnte also ein gewichtiger Grund für unsere Lage sein? Die Leistungsdemontage von vielen Seiten, aber anders als meist behauptet.

Sascha Liebermann