…so endet der Beitrag von Kolja Rudzio – „Für fünf Euro mehr“ – in Die Zeit vom 30. September.
Im Wortlaut:
„Wir könnten uns mehr Großzügigkeit leisten, und Hartz IV würde immer noch funktionieren. Das wäre ein Signal an viele Menschen, die davon leben müssen: Ja, wir erwarten, dass ihr euch anstrengt. Aber wir wissen auch, dass das nicht immer zum Erfolg führt. Dann sind wir bereit zu teilen.“
Was so milde daherkommt, so verständnisvoll für die Hartz IV-Bezieher, offenbart eine feudalistische Haltung. In einer Demokratie, in der alle Macht vom Volke, also vom Souverän, ausgeht; in der der Souverän nicht nur die Legitimationsquelle jeglicher Entscheidung ist, sondern vor dem auch jegliche Entscheidung gerechtfertigt werden muss, geht es nicht um Großzügig- oder Kleinmütigkeit. Es geht nicht darum, wie generös wir sein mögen, sondern um die Frage, wie wir zum Wohle des Gemeinwesens uns Bürgern den Rücken stärken können. Wer diese Frage in eine von „Großzügigkeit“ verkehrt, unterhöhlt die Grundfesten unsers Gemeinwesens (siehe auch unseren früheren Kommentar zum selben Autor).
Einkommenssicherheit, wie sie ein bedingungsloses Grundeinkommen leisten will, ist kein Almosen, keine großzügige Geste. Es ist eine Frage um’s Ganze, die lautet: was gilt uns der Bürger. Nimmt man diesen Artikel als Symptom dafür, wie wir über uns selbst denken, steht es um den Bürger schlecht.
Sascha Liebermann