…ein Interview mit der Kulturwissenschaftlerin Irene Götz in der taz.
Drastisch wird die Lage der Frauen geschildert, die in Altersarmut leben, deutlich wird, was diese mit dem System sozialer Sicherung in Deutschland zu tun hat. Welche Auswege sieht Irene Götz?
„Ist absehbar, wie sich die Situation für Frauen entwickelt, die heute zwischen 30 und 50 Jahre alt sind?
Für die große Gruppe der Babyboomer, die jetzt älter als 50 sind, wird es katastrophal, wenn jetzt nicht umgesteuert wird. Die Frauen dieser Generation sind zwar zunehmend erwerbstätig, aber oft in Teilzeit. Das geht in Zukunft nicht mehr. Die Frauen – und Männer – also, die jetzt zwischen 30 und 50 sind, müssten auf die Straße gehen, für Lohngleichheit kämpfen und dafür sorgen, dass Arbeit anders aufgeteilt wird. 35-Stunden-Woche für alle, dafür gleichmäßige Verteilung von Erwerbs- und Care-Arbeit.
Es sind zum einen strukturelle Reformen nötig, um die Rente im System der Umlage noch auszahlen zu können. Und es braucht einen Bewusstseinswandel bei Frauen und Männern, dass die Idee der Eineinhalb-Ernährer-Familie nicht mehr greift. Ich vermute, dass sich da noch was tut.“
Weshalb taucht Familienleben hier nicht auf, immerhin ein entscheidender Grund dafür, weshalb die Frauen, über die berichtet wird, so geringe Einkommen haben? Lohngleichheit, höhere Renten – gut, wie genau sähe die Absicherung derer aus, die kaum erwerbstätig waren? Heils Grundrente leistet für diese Gruppe gar nichts. Wem hilft die 35-Stunden-Woche, wenn zuhause Kinder sind? Das ginge nur dann, wenn die innerhäusliche Versorgung, die Fürsorge für die eigene Familie, weiter degradiert wird, wie es heute durch die Sozialpolitik geschieht. Hier greift auch die Kritik am Ehegattensplitting nicht, weil das ja gerade für einen gewissen Ausgleich sorgt. Der Einwand, es halte aufgrund „falscher Anreize“ Frauen davon ab, erwerbstätig zu sein, ist ebenso kurzsichtig wie die Kritik am Sozialstaat, der eine Hängematte bereitstelle.
Siehe auch den Kommentar zu einem anderen Beitrag von ihr.
Sascha Liebermann