…darüber berichtet Zeit Online.
Wie ungenügend die statistische Erfassung des Phänomens „unbezahlte Arbeit“ ist, und zwar insbesondere bezüglich dessen, was Beziehungen zwischen Personen in diesen Tätigkeiten auszeichnet, machen Norbert Schwarz und Florian Schwahn in ihrem Beitrag „Entwicklung der unbezahlten Arbeit privater Haushalte“ deutlich. Denn die klassifikatorische Bestimmung des Phänomens durch das Bemühen, den Zeitaufwand abzugrenzen, reicht nicht an das heran, was das Beziehungsgefüge auszeichnet, also z. B. was Eltern für Kinder bedeuten. Klar machen kann man sich das an dem Versuch, Erziehungszeiten zu erfassen, indem festgehalten wird, wieviel Zeit damit zugebracht wird, sich mit dem Kind direkt zu beschäftigen. Doch diese Abgrenzung ist so gar nicht möglich, weil die Beziehung natürlich von Bedeutung bleibt, auch wenn sich ein Elternteil nicht direkt mit dem Kind befasst, sondern in der Küche steht und kocht, das Kind aber in der Nähe spielt. Weil der statistische Zugang nicht anders als klassifikatorisch möglich ist, hat dies Folgen für die Datenerhebung und für die Schlussfolgerungen aus diesen Daten. So suggeriert die vermeintliche klare Abgrenzung des Zeitaufwandes, dass die Frage nach der „Vereinbarkeit von Familie und Beruf“ nur eine Frage der Organisation wäre, sofern im Sinne der Zeitverwendungsstudien dann noch genügend Zeit für Familie übrig bleibt. Das folgt der Annahme, Beziehungserfahrungen könnten terminiert werden, wie es das Schlagwort von der „quality time“ nahelegt. Genau das ist aber nicht möglich, weil die Beziehung damit stets dem Termin untergeordnet wird. Aus diesem Grund ist die Rede von der „Vereinbarkeit“ auch irreführend, weil sie das Spannungsverhältnis zwischen den beiden Sphären Familie (diffuse Sozialbeziehungen, keine Terminierung) und Erwerbsarbeit (spezifische Sozialbeziehungen, Terminierung) unterschlägt.
Sascha Liebermann