Martin Kronauer hatte in der Ausgabe von Prokla im Dezember 2019 für ein Recht auf Arbeit und gegen das Bedingungslose Grundeinkommen plädiert. Stephan Lessenich antwortet ihm in der März-Ausgabe von Prokla und bringt zentrale Einwände vor. Beide Beiträge sind bei Labournet zugänglich, siehe hier. Die Studie Lessenichs für die Friedrich Ebert Stiftung, auf die sich Kronauer u.a. bezieht, finden Sie hier.
Lessenich konstatiert gegen Ende seines Beitrags, worin das eigentliche Skandalon des Bedingungslosen Grundeinkommens bestehe, es sei die Bedingungslosigkeit, denn sie breche mit dem „bürgerlichen Leistungsprinzip“, das für eine Leistung eine Gegenleistung vorsehe. Das allerdings erweist sich bei genauerer Betrachtung als Verkürzung eines modernen Leistungsethos, dessen Maßstab das Erzeugen von Problemlösungen ist. Die verkürzte, von Lessenich zitierte, Variante steckt noch in der Vorstellung fest, Erwerbstätigkeit zu überhöhen, und zwar um den Preis des Herabsetzens von Leistung. Arbeitsplätze stehen im Zweifelsfall über dem Leistungsethos (siehe hier und hier), weil sie Selbstzweck sind.
Bemerkenswert ist, dass in beiden Beiträgen die begründende Bezugnahme auf die Demokratie und die sie fundierende politische Vergemeinschaftung keine Rolle spielt. Von ihr wird schlicht abstrahiert, als sei sie unbedeutend. Das ist aufschlussreich, ist es doch gerade diese Herrschaftsform, die in der sie fundierenden Stellung der Staatsbürger als Legitimationsquelle den entscheidenden Hebel bietet, um die heute geradezu leistungsfeindliche Haltung zu Erwerbstätigkeit zu überwinden. Die Beiträge bestätigen damit geradezu einen weitgehend blinden Fleck der Debatte.
Ein Beitrag von unserer Seite dazu, was aus einem Recht auf Arbeit folgen würde, siehe hier.
Sascha Liebermann