Was ist in den WDR (WDR 5 Tagesgesprächs) gefahren, eine solche, weitgehend undifferenzierte Diskussion mit einem Experten, Birger P. Priddat (Universität Witten Herdecke), zu führen?
Dass der Moderator eine „Berechnung“ des NDR vorstellt, die die Finanzierung eines BGE zweifelhaft machen soll, und dies mit dem Hinweis versieht, dass ein BGE den dreifachen Bundeshaushalt in Anspruch nehmen würde – dabei ist der gar nicht relevant, sondern das Volkseinkommen (ein Zuhörer wies ebenfalls darauf hin). Dass es auch nicht um die Kalkulation der Bruttokosten, sondern um die Nettokosten geht – wird nicht angesprochen (siehe hier, hier und hier). Erschließen muss man es sich aus den Ausführungen, die dann selbst Hinweise darauf enthalten.
Wie kommt Priddat dazu zu behaupten, die Einführung eines BGE gehe mit der Abschaffung der Sozialversicherungen und bedarfsgeprüfter Leistungen zwingend einher? Erläutert wird das nicht wirklich, erschließen muss man sich, wie er darauf kommt – wegen des Finanzierungsaufwandes für ein BGE offenbar. Weshalb erwähnt Priddat nicht, dass die, die „richtig viel Geld“ haben, einen Rechtsanspruch auf den Grundfreibetrag in der Einkommensteuer haben? Damit aber trägt seine Ablehnung eines BGE für Reiche nicht. Dass Arbeitgeber, wenn es ein BGE gäbe, einfach Löhne kürzen würden, einseitig, würde ja die Vertragsfreiheit geradezu aushebeln. Priddat erwähnt nicht, dass ein BGE auch eine Machtumverteilung mit sich brächte. Sicher kann ein BGE nicht einfach „oben drauf“ kommen, aber wer behauptet das denn? Als Experte wäre hier zu erwarten gewesen, dass differenzierter über die Zusammenhänge gesprochen wird. Von einem Experten würde man doch erwarten, dass Argumente für und wider ins Verhältnis zueinander gesetzt werden, das geschieht in der Sendung kaum. Manche Anrufer führen interessante Aspekte ein oder pflegen Vorurteile, auf deren Voraussetzungen hätte eingegangen werden können, das wäre instruktiv gewesen. Dass auch manche BGE-Befürworter es sich zu einfach machen, wäre in einer richtigen Diskussion aufzuzeigen gewesen.
Einen früheren Kommentar zu Ausführungen von Priddat finden Sie hier.
Sascha Liebermann