Die Ausbreitung von SARS-CoV2 und die durch ihn ausgelöste Krankheit Covid-19 sorgen für erhebliche Verunsicherungen. Die Breitenwirkung der Kontakteinschränkungen ist enorm, Einkommen brechen weg, alle Wirtschaftssektoren sind betroffen, die Bürger sind in vielerlei Hinsicht auf sich zurückgeworfen. Doch gerade dies alles führt auch dazu, dass grundsätzliche Fragen wieder diskutiert werden können, wie eben auch die Frage danach, nach welchem Modus Einkommenssicherung erfolgen soll, etwa grundsätzlich wie bisher entlang eines erwerbszentrierten Sozialstaates oder durch eine allgemeine Dauerabsicherung als festem Boden, über den sich dann jeder entweder noch erheben kann oder weitere, aber bedarfsgeprüfte Leistungen in Anspruch nehmen können soll. Nicht von ungefähr also ist das Bedingungslose Grundeinkommen als Alternative wieder im Aufwind (siehe das Kurzinterview mit mir im SWR).
Gerade jüngst hob in einem Interview Michael Bohmeyer (Mein Grundeinkommen e.V.) heraus, dass ein „bedingungslose[s] Grundeinkommen […] eine riesige gesellschaftliche Transformation [ist], die ganz viel Vertrauen und Mut braucht – und Zeit, damit man sich damit beschäftigen kann.
Deshalb ist jetzt nicht der richtige Moment, um ein nachhaltiges Grundeinkommen vollumfänglich einzuführen“. Ist es wirklich eine solche Transformation, wenn man die politische Ordnung und ihre Institutionen sich genauer betrachtet? Und zeigt sich in der gegenwärtigen Situation nicht gerade, wie vernünftig die Bürger sind, wenn man Hamsterkäufe schlicht als Ausdruck von diffusen Ängsten und Verunsicherung angesichts der ungewissen Zukunft betrachtet? Bohmeyer weist selbst darauf hin, und es ist genau das, worauf sich unsere Demokratie gründet. Genau aus diesem Grund wird auf das Verantwortungsbewusstsein der Bürger gesetzt, anders würden Maßnahmen zur Eindämmung verpuffen. Was zeigt uns also die gegenwärtige Lage? Meines Erachtens spricht sie nicht dafür, dass ein BGE eine „riesige gesellschaftliche Transformation“ wäre, sondern lediglich wir uns der Grundlagen unseres Zusammenlebens nicht bewusst sind. Wir folgen ihnen selbst im Alltag in unserem Handeln und verlassen uns auf Vieles, vertrauen selbstverständlich den anderen, sind uns jedoch nicht im Klaren darüber, dass wir es tun. Wenn es also einer Transformation bedarf, dann allenfalls der der Selbstdeutung, nicht aber der Handlungsrealität. In dem nachstehenden Vortrag hatte ich versucht, genau dies ins Zentrum der Diskussion zu rücken.
Sascha Liebermann