Alleine schon die Frage ist bezeichnend…

…, denn wenn in der Diskussion um ein Bedingungsloses Grundeinkommen die mit Sorge bedachte Frage gestellt wird, wer denn dann wohl noch die „unangenehmen“ Arbeiten machen würde, ist das nicht irgendeine Frage. Dass es etlichen Regelungsbedarf gibt, bevor ein BGE eingeführt werden kann, ist nicht strittig, all das muss bedacht werden. Doch die hier in Rede stehende Frage zielt gar nicht auf Regelungsbedarf, sie zielt auf eine die politische Ordnung auszeichnende Selbstverständlichkeit, auf ihr Fundament. Wenn die Sorge formuliert wird, es könnten bestimmte Tätigkeiten nicht mehr ausgeführt werden, wird davon ausgegangen, heute könnte deren Ausführung garantiert werden – das ist jedoch gar nicht so. Wo es keine Zwangsarbeit gibt, wie bei uns, kann auch nichts garantiert werden diesbezüglich. Und selbst der Zwang würde noch nicht dafür sorgen können, dass diese Aufgaben angemessen erledigt würden. Wir können alle möglichen Regelungen verabschieden, erlassen, uns ausdenken, doch eines erreichen sie nicht: etwas zu garantieren, ohne dass diejenigen, denen die Regelungen gelten, sie auch tragen. Ohne die Bürger in ihrer unverfügbaren Stellung geht eben gar nichts. Zwar sorgt der normative Vorrang von Erwerbstätigkeit heute dafür, dass erheblicher sozialer Druck auf den Einzelnen entsteht, Einkommen auf diesem Weg zu erzielen und dieses Sollen ist sogar mit Sanktionen abgesichert. Doch es stellt nicht sicher, dass Aufgaben auch erwerbsförmig erledigt werden. Deswegen also ist die Frage so bezeichnend, sie sorgt sich um etwas in der Zukunft, um das sie sich in der Gegenwart schon sorgen müsste. Sie täuscht sich selbst darüber, wie die gegenwärtigen Verhältnisse sind. Diese Selbsttäuschung ist die größte Hürde.

Sascha Liebermann