Davon ist immer wieder einmal zu lesen, z. B. hier, doch worauf berufen sich diejenigen, die das verlauten lassen? In einem Interview für die Telekom, das Jeremy Rifkin im Jahr 2017 gab (siehe auch meinen früheren Kommentar dazu hier), klingt das so:
„Manche befürworten ein bedingungsloses Grundeinkommen. Ist das aus Ihrer Sicht eine wirtschaftliche Option für die künftige Gesellschaft?
Jeremy Rifkin: Die Leute können nicht einfach fürs Nichtstun bezahlt werden. Die Empfehlung für die Einführung eines bedingungslosen Grundeinkommens geht auf mein Buch Das Ende der Arbeit zurück, das 1995 veröffentlicht wurde. Auch Milton Friedman hat das bedingungslose Grundeinkommen ins Gespräch gebracht. Ich habe jedoch nie gesagt, dass wir den Menschen einfach ein garantiertes Einkommen fürs Nichtstun zahlen sollen. Menschen sind soziale Wesen. Wir müssen einen Beitrag zur Gesellschaft leisten und unserem Leben Sinn geben. Wir bekommen nicht einfach ein garantiertes Einkommen dafür, dass wir herumsitzen und passiv konsumieren.“
Als erstes erstaunt seine Behauptung, ein BGE würde „fürs Nichtstun“ bereitgestellt – in der englischen Fassung ist dasselbe zu lesen. Während in der deutschen Version nun von BGE gesprochen wird, ist in der englischen von „guaranteed income“ die Rede, was schon einmal nicht dasselbe ist. Deutlich wird das, wenn drei Zeilen weiter von einem „garantierten Einkommen“ gesprochen wird – das könnte z. B. auch eine Grundsicherung sein, vergleichbar der in Deutschland existierenden. Dann aber kommt der entscheidende Passus. Rifkin will die Absicherung an eine Gegenleistung knüpfen vergleichbar dem „participation income“, das Anthony Atkinson einst vorschlug.
Da Rifkin auf sein Buch aus dem Jahr 1995 Bezug nimmt, sei auch diese Passage hier zitiert. Dort heißt es („The End of Work“, G. P. Putnam’s Sons New York, 1995, S. 267):
„Since the advances in technology are going to mean fewer and fewer jobs in the market economy, the only effective way to ensure those permanently displaced by machinery the benefits of increased productivity is to provide some kind of government guaranteed income. Tying the income to service in the community would aid the growth and development of the social economy and facilitate the long-term transition into a community-centered, serviceoriented culture.“
Zum einen soll es ein Mindesteinkommen für die „permanently displaced“ geben und nicht für alle Bürger und Bezugsberechtigten, zum anderen spricht er von „some kind of government guaranteed income“, was eben eine Grundsicherung im oben schon genannten Sinne sein könnte. Auch hier, wie oben, zeigt sich die Gegenleistungsverpflichtung, die er damit verbunden sehen will. Damit ist doch allzu deutlich, dass Rifkins Überlegungen mit einem BGE nichts zu tun haben. Wer anderes behauptet, betreibt Legendenbildung, ganz wie vor Jahren zur vermeintlichen Befürwortung durch den damaligen Siemens-Vorstand Joe Kaeser. Oder geht es darum, prominente Stimmen für ein irgendwie geartetes Mindesteinkommen zu finden? Das scheint mir doch der Diskussion einen Bärendienst zu leisten.
Sascha Liebermann