In einem Beitrag auf Overton über das Zentrum Liberale Moderne äußert sich der Verfasser, Roberto De Lapuente, auch zum Bedingungslosen Grundeinkommen oder vielleicht doch nur zu irgendeinem Grundeinkommen, so klar ist das nicht, obwohl es einen erheblichen Unterschied macht. De Lapuente hat sich schon früher zum BGE geäußert, siehe dazu unseren früheren Kommentar.
Im Beitrag wird das BGE nur nebenbei behandelt oder abgefertigt, die Art und Weise ist allerdings aufschlussreich:
„Ralf Fücks outet sich an anderer Stelle auch als Anhänger des Grundeinkommens. 1.200 Euro pauschal pro Nase sollten schon drin sein. Das überrascht nicht, denn das Grundeinkommen war ja stets auch bei Anhängern des vermeintlichen Marktliberalismus sehr beliebt, verspricht es doch das Einfrieren staatlicher Leistungen bei relativ günstiger finanzieller Abspeisung der Bevölkerung.“
Die Frage ist hier, über welches Grundeinkommen wir sprechen, für ein BGE hat sich Fücks meines Wissens bislang nicht ausgesprochen, er hat es eher zurückgewiesen, siehe eine ältere und eine jüngere Äußerung dazu. Im älteren Beitrag zieht er die Kombination von „Bürgerarbeit“ und „Bürgereinkommen“ vor, Ulrich Beck lässt grüßen oder auch die Idee eines „participation income“. In der jüngeren Äußerung greift er den Vorschlag eines „Bildungsgrundeinkommens“ wieder auf, das er im älteren Vorschlag schon ins Spiel gebracht hatte – vollkommen erwerbsorientiert. Was hat das nun mit einem BGE zu tun? Nichts.
Ein Grundeinkommen speist niemanden ab, es sei denn er lässt sich abspeisen. Wenn er das tut, wie De Lapuente behauptet, ist das sein gutes Recht. Das hat aber mit dem Grundeinkommen nichts zu tun, mit der Haltung derer, die sich abspeisen lassen schon. Dasselbe gilt für „Hartz IV“. Was De Lapuente nicht in Betracht zieht, ist hierbei, dass es Mehrheiten gibt, die sanktionsbewehrte Grundsicherung genau richtig finden, und zwar auch unter denjenigen, die Erfahrungen damit gemacht haben. Ebensowenig folgt aus einem BGE, dass „staatliche Leistungen“ eingefroren werden müssen, sie stellen sich aber anders dar und können teils durch ein BGE übernommen werden, aber nicht gänzlich.
Dann bezieht sich De Lapuente auf einen anderen Autor, dessen Ausführungen zum BGE wir auch schon kommentiert hatten (siehe hier, hier und hier):
„Norbert Häring schreibt gar in seinem aktuellen Buch, dass das Grundeinkommen die Alternative der Superreichen im »Endspiel des Kapitalismus« sein könnte. Denn so ein System des Grundeinkommens gewährt einerseits die Vermögenssicherung – ein beachtenswertes Ziel im Hinblick darauf, dass Wachstumsmärkte immer rarer werden und Geld nur noch Geld produziert – und kann andererseits recht zweckdienlich dazu genutzt werden, um die alimentierte Bevölkerung zu kontrollieren und zu sanktionieren.“
Hier soll es um den Schlusssatz gehen, der wie schon oben die Frage aufwirft. Sicher kann das BGE zu allem möglichen genutzt werden, kann, muss aber nicht. Außerdem, nimmt man ernst, was ein BGE leistet, nämlich eine durch Rechtsanspruch abgesicherte Einkommenssicherung – wie sollte es dann möglich sein, „zu kontrollieren und zu sanktioneren“? Diese Behauptung à la Butterwegge ist eine Behauptung, mehr nicht. Wer sich kontrollieren und sanktionieren lassen will, weshalb sollte es ihm verwehrt werden? Warum wird dazu der Blick auf das BGE gerichtet, wo die existierende Grundsicherung das doch längst leistet?
Sascha Liebermann