…wenn uns das damals jemand vorhergesagt hätte, wie lange wir uns einst engagieren würden, um die Diskussion zum Bedingungslosen Grundeinkommen (BGE) zu fördern, hätten wir wohl eher abgewunken, denn so weit voraus dachten wir gar nicht, vor allem nicht, dass die öffentliche Diskussion eine so zähe Angelegenheit sein würde – in den Debatten, ja geradezu Ausfälligkeiten gegenüber dem „Bürgergeld“ scheint wieder aufzuleben, was man eigentlich für vergangen halten musste. Zugleich wäre es nicht verwegen in unseren Augen, wenn man behauptet, die öffentliche Auseinandersetzung um ein BGE habe einen wichtigen Beitrag dazu geleistet, zumindest zaghafte Schritte zu eröffnen, die Schärfen von „Hartz IV“ zu mildern.
Bevor wir im Dezember 2003 (hier geht es zu den Plakaten) mit einer Plakataktion in Frankfurt am Main an die Öffentlichkeit traten, es war die Hochzeit der Diskussion um die Agenda 2010, mussten wir zuerst einmal überlegen, wie wir vorgehen wollen, das betraf sowohl die Thesen bzw. Argumente als auch die Form, in der sie der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden sollten. Um die Thesen mussten wir lange ringen – die knappe Form, die Zuspitzung, waren ein Prüfstein. Die unbefangenen Blicke anderer, die unvoreingenommen darauf schauten, gaben uns hilfreiche Anmerkungen.
Internetseiten waren damals im Kommen, also griffen wir dazu, zumal es die Möglichkeit bot, auf einfache Weise unsere Überlegungen zu verbreiten. Zu Beginn war sie recht leer, über uns selbst erfuhr man nichts, all das kam mit der Zeit, durchaus auf Anregung anderer, wie auch der Blog erst viel später gestartet (2006) und noch einiges später regelmäßig genutzt wurde, das sieht man an der Beitragsmenge in den jeweiligen Jahren (siehe hier). Gerade in den ersten beiden Jahren war der Aufwand für uns erheblich, denn zum einen sollte der Vorschlag Verbreitung finden, die Aktionen mussten geplant und vor allem, als Folge der Aktionen, die Korrespondenz erledigt werden, das große Interesse überraschte uns. Klar war uns allerdings, dass das nicht ausreicht, es musste eine Auseinandersetzung im öffentlichen Raum stattfinden, entsprechend mussten die Thesen eben dort anzutreffen sein. So kamen wir auf die Idee, Plakate dafür einzusetzen und sie auf Mietflächen anbringen zu lassen, zuerst in Frankfurt am Main, dann in anderen Städten, später kamen noch Fensteraufkleber für U- und Straßenbahnen dazu.
Die Plakataktion im Dezember 2003 wurde von den Medien überraschend schnell aufgegriffen, worauf Zeitungsbeiträge von uns folgten (siehe hier). Dass es Vorbereitungen dazu gab, ein Netzwerk, das Netzwerk Grundeinkommen, zu gründen, was dann im Sommer 2004 geschah, wussten wir zu diesem Zeitpunkt nicht, innerakademische Diskussionen waren uns nur rudimentär bekannt, sie spielten zu der Zeit kaum eine Rolle.
Bis etwa 2008, vielleicht 2009, gab es viele, teils über achtzig lokale Initiativen, die sich für eine öffentliche Diskussion einsetzten, manche existieren noch, die meisten scheinen nicht mehr aktiv zu sein. Das mag mit der Entwicklung der Diskussion zu tun haben, die einen rasanten Aufschwung nahm (zu einer Übersicht siehe hier. Über unsere Erfahrungen hatte Sascha Liebermann zuvor schon auf einer Tagung des Basic Income European [heute Earth] Networks berichtet.)
Von der heutigen Warte aus zurückgeblickt, ist der Weg lang gewesen und er wird es vermutlich noch sein, wenn es je ein BGE geben wird in Deutschland. Zeitweise waren wir uns nicht mehr sicher, ob der Slogan, mit dem wir angetreten waren, noch trägt. Schon zu Beginn sorgte die Entgegensetzung von Freiheit und Vollbeschäftigung für Irritationen (siehe hier und hier), manche erinnerte er an „Freiheit statt Sozialismus“, andere wollten doch Freiheit und Vollbeschäftigung miteinander verbinden oder gar im Einklang sehen. Dabei ging es uns um zwei verschiedene Dimensionen, die eine als Fundament der Demokratie und der Souveränität ihrer Bürger, die andere war nur ein arbeitsmarktpolitisches Ziel. Beide können durchaus miteinander existieren, sie können allerdings ebenso, und das bewog uns zum Slogan, in Gegensatz treten, wenn „(beinahe) jeder Arbeitsplatz besser als keiner“ sein soll. Doch trotz aller zwischenzeitlichen Zweifel fanden wir stets erneut Bestätigung für die Aktualität des Slogans und halten es nach wie vor für eines der entscheidenden Probleme unserer Gegenwart, wie leichtsinnig und nachlässig über die Fundamente unserer Demokratie allzuschnell hinweggegangen wird. Statt auf die Selbstbestimmung der Bürger zu setzen, sie ihrer Stellung in der Demokratie gemäß zu behandeln, ihnen Freiräume zu eröffnen, herrscht das bevormundende An-die-Hand-Nehmen vor. In den Einwänden gegen das Bürgergeld fällt es besonders auf, aber nicht nur dort wird das deutlich – die Fokussierung auf den Fetisch Erwerbsarbeit nimmt allenthalben wieder zu. In diesem Sinne also muss es weiter heißen: Freiheit statt Vollbeschäftigung.
Ihre Initiative Freiheit statt Vollbeschäftigung
Ein Gedanke zu „20 Jahre Initiative Freiheit statt Vollbeschäftigung,…“
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