„Ich kann nicht als Juristin arbeiten. Das macht mich traurig“…

…berichtet eine geflüchtete Ukrainerin, die seit zwei Jahren in Bonn lebt. Der Generalanzeiger Bonn ist der Frage nachgegangen, weshalb „nur“ ein Fünftel der in Deutschland lebenden Flüchtlinge aus der Ukraine im erwerbsfähigen Alter einer Erwerbstätigkeit nachgehen. Was manche offenbar nicht sehen wollen, wird dadurch sichtbar: Es sind Hürden bzw. Herausforderungen verschiedenster Art, die eine höhere Erwerbsteilnahme verhindern.

Es liege weder an den Sozialleistungen, die in anderen Ländern ähnlich hoch sind, dort sind aber die Eintrittshürden in den Arbeitsmarkt niedriger: „Länder wie Polen, Dänemark oder die Niederlande ermöglichen den Geflüchteten nämlich, bürokratische Angelegenheiten mit einfachen digitalen Verfahren zu regeln. In Deutschland hingegen sind sie oft kompliziert und langwierig. Die Ämter kommen kaum hinterher“.

Wer meint, in anderen Ländern sei die Erwerbslosenquote unter ukrainischen Flüchtlingen niedriger, weil sie „Jobs annehmen, für die sie überqualifiziert sind“, wird eines Besseren belehrt: „‚In den Niederlanden gibt es viel Zeitarbeit, aber in Polen, Estland und Tschechien arbeiten viele Ukrainer im Gesundheitsbereich oder in Schulen.‘ Als gutes deutsches Beispiel hebt er [Prof. Dietrich Thränhardt, SL] Sachsen hervor. Das Bundesland hat Ukrainer als Lehrer eingestellt, die zunächst geflüchtete Kinder unterrichten. Sobald sich ihr Deutsch verbessert, können sie regulären Unterricht geben.“

Wie sieht nun der Alltag einer Mutter mit Kinder aus, die versucht, einen Einstieg in den Arbeitsmarkt zu finden?

„Ihre [eine Ukrainerin, die davon berichtet, SL] Tage, so beschreibt sie es, liefen damals so ab: 8 Uhr, die Tochter zur Schule bringen, nach Köln fahren, arbeiten bis 17.30 Uhr, nach Hause, von Duisdorf mit dem Bus zum Deutschkurs um 18.15 Uhr, Ende um 21.15 Uhr, mit dem Bus zurück nach Hause, 22 Uhr. Ohne ihre Eltern, die sich um ihre Töchter kümmerten, sei das nicht möglich gewesen, sagt sie. Denn einen Platz in der Nachmittagsbetreuung der Schule bekamen die Kinder nicht.“

Wer sich also dazu einlässt und Rückführungen fordert, sollte sich einmal mit dem Alltag dieser Menschen befassen. Ein Tipp, der für diejenigen ebenso gilt, die Bürgergeldbezieher im allgemeinen um ihr „komfortables“ Leben beneiden oder Märchen in die Welt setzen.

Sascha Liebermann