…ein treffender Ausdruck Baukje Dobbersteins für das, was ich deautonomisierende Hilfe nennen würde, eine Hilfe, die denjenigen, dem geholfen werden soll, ersticken kann. Welche Folgen toxische Hilfe hat, beschreibt sie in dem hinterlegten Beitrag und darüber hinaus, wie wichtig die Erfahrung ist, dass einem etwas gelingt.
Deutlich wird in ihm auch, dass der Bildungsprozess hin zur Autonomie des Erwachsenen ein langer Weg ist, der nicht ohne Hilfe und Unterstützung auskommt (funktionale oder konstitutive Abhängigkeit), diese aber immer im Dienst der Autonomie stehen muss. Eine sehr fragile Angelegenheit ist das, die darüberhinaus für alle Helferkonstellationen von Bedeutung ist („Hilfe zur Selbsthilfe“).
Am Ende schreibt sie:
„Mit Abhängigkeit meine ich nicht, die typischen Verläufe von Suchtmittelmissbrauch, sondern die ganze „normale“ Abhängigkeit die jeder Mensch kennt. Denn jeder musste sich mal mehr oder weniger mühevoll aus der Abhängigkeit von den Eltern oder Vergleichbarem befreien.“
Zweierlei Abhängigkeiten würde ich hier unterscheiden. Aus der Abhängigkeit von den Eltern sich zu befreien durch die Bewältigung der Adoleszenzkrise, ist unerlässlich, um autonom zu werden. Das gelingt empirisch mehr oder weniger gut. Es gibt allerdings eine Abhängigkeit, von der man sich nicht befreien kann, die man sich eher bewusst machen muss, um nicht einer verkürzten Vorstellung von Autonomie hinterherzurennen. Es gibt eine Abhängigkeit, die sich nicht aufheben lässt, weil sie zum Zusammenleben gehört. Zum einen ist das die Abhängigkeit, die sich daraus ergibt, sich auf jemanden als ganze Person einzulassen, typischerweise in Paarbeziehungen. Sie macht einen verletztlich und verwundbar, ist zugleich jedoch die Bedingung dafür, sich überhaupt einzulassen. Darüber hinaus gibt es eine Abhängigkeit vom Gemeinwesen in dem Sinne des Füreinandereinstehens und Aufeinanderverwiesenseins. Das gilt jedoch auch in Zusammenhängen, in denen es nicht um den ganzen Menschen geht, z. B. unter Kollegen bzw. in der Erstellung von Gütern und Dienstleistungen. Hier ist man von den Leistungen anderer abhängig, ganz genau wie der Patient, Klient oder Kunde davon abhängig ist, dass jemand da ist, der seinem Anliegen entsprechen kann. Wir sind aber nicht nur in der Gegenwart voneinander abhängig, sondern auch von der Vergangenheit, und zwar den Leistungen derer, von denen wir zehren.
Das BGE würde genau diese vielfältige Abhängigkeit sicht- und erfahrbar machen, damit Solidarität stärken und zugleich aber das Individuum stärken, in dem es ihm Freiräume verschafft.
Sascha Liebermann