Laut einem Bericht auf der Website des Netzwerk Grundeinkommen hat der jüngste Grundeinkommenskongress in Berlin ein globales Grundeinkommen gefordert.
Was aber ist damit gemeint? An wen richtet sich die Forderung und wer fordert in wessen Namen?
Die Idee eines bedingungslosen Grundeinkommens als solche ist nicht auf ein Land beschränkt, sie kennt keine territorialen Grenzen, insofern könnte ganz zu recht davon gesprochen werden, dass das Grundeinkommen eine globale Angelegenheit sei. Ideen allerdings haben niemals territoriale Grenzen, das ist also keine Eigenheit des Grundeinkommens. Was für eine Idee gilt, ist aber auch nicht gleichzusetzen mit ihrer Verwirklichung. Denn dazu müssen wir die Frage stellen, wer verwirklicht in wessen Namen? Wer ist also berechtigt, eine solche Verwirklichung zu betreiben?
Haben wir als deutsche Staatsbürger etwa die Berechtigung, für die Verwirklichung des BGE in Frankreich, der Schweiz oder sonstwo zu streiten? Sicher nicht, denn das ist Angelegenheit der Bürger des jeweiligen Landes. Ob sie es wollen, das müssen sie selbst wissen, denn die Konsequenzen haben auch sie zu tragen und nicht wir.
Wie verhält es sich nun vor diesem Hintergrund mit der Forderung nach einem globalen Grundeinkommen? Wer fordert denn in wessen Namen, wenn eine solche Forderung aufgestellt wird? Sind wir überhaupt befugt, etwas zu fordern, dass über unsere Grenzen oder die Grenzen eines Bündnisses mit anderen Ländern hinweggeht? Wenn wir die Idee der Demokratie ernst nehmen, können wir in dieser Hinsicht gar nichts fordern, was außerhalb unseres Staates liegt. Wir können unserer Regierung den Auftrag erteilen, das Gespräch mit einem Land zu suchen, aber nicht gegen dessen Willen. Wir können ein Land darin unterstützen, das BGE einzuführen, wenn die Bürger dort es wollen, aber nicht gegen ihren Willen oder ohne dass sie ihn artikulieren. Wir können beratend tätig werden, wenn Beratung gewünscht ist. Aber wir entscheiden nicht und weil wir nicht entscheiden, können wir auch nicht fordern, was sie in ihrem Land zu tun haben. Wir können Entscheidungen anderer Länder kritisieren, aber auch da ist sorgsames Abwägen nötig, soll aus der Kritik nicht Anmaßung werden.
Wer über die Köpfe von Regierungen und Bürger eines Landes hinweg etwas fordert, verhält sich wie all die Einrichtungen, die wir heute ob ihrer Einmischung in fremde Angelegenheiten kritisieren. Wenn wir fordern, maßen wir uns an zu sagen, was für andere gut ist. Demokratisch also ist es, den Willen anderer zu respektieren, solange er sich nicht gegen unser Gemeinwesen richtet oder unsere Interessen verletzt. Ein globales Grundeinkommen zu fordern, heißt, etwas zu fordern, das andere machen sollen, ohne dass sie sich dazu bekannt haben. Wir setzen damit fort, was wir in der Entwicklungshilfe lange genug getan haben: zu wissen, wie andere ihre Probleme zu lösen haben und es nicht bei Beratung bewenden zu lassen.
Gerade weil das BGE von den Bürgern seinen Ausgang nimmt, weil es die Bürger stärken soll, findet es auch an den Bürgern seine Grenze. Was andere Länder und ihre Bürger wollen, ist ihre Sache – ganz gleich, ob sie für oder gegen ein BGE sind.
Sascha Liebermann