Joël Luc Cachelin, ein Berater und Trendforscher aus der Schweiz, äußerte sich vor einigen Monaten im Tagesanzeiger zum Grundeinkommen, aber gegen die Bedingungslosigkeit:
Tagesanzeiger: „Ist das ein Plädoyer für ein bedingungsloses Grundeinkommen?“
Cachelin: „Ja. Langfristig ist das Grundeinkommen vielleicht die einzige Möglichkeit, um eine sichere Gesellschaft aufrecht zu erhalten, an der alle teilhaben können. Jedoch würde ich das Grundeinkommen nicht bedingungslos verteilen, sondern eine gesellschaftliche Aufgabe damit verknüpfen. Alle die ein Grundeinkommen beziehen, sollen einen Beitrag für die Gesellschaft erbringen. Dieser Beitrag kann durch Forstwirtschaft, Reinigung von öffentlichen Plätzen, Lawinenschutz, Alterspflege oder der Organisation von Spielen in der Nachbarschaft bestehen.“
Die Überlegungen entsprechen also eher dem, was Anthony Atkinson einst als participation income bezeichnet hat. Cachelin plädiert damit für ein bestimmtes Verständnis von der „Tätigkeitsgesellschaft“. Was geschieht dann mit denjenigen, die nicht „partizipieren“? Sollen sie zur Partizipation genötigt werden?
An einer späteren Stelle heißt es dann:
„Wenn die messbare Leistung eines Mitarbeiters das einzige Kriterium bei der Verteilung der Arbeit ist, gefährdet dies das soziale Leben, den Zusammenhalt, die informellen Netzwerke und die Vielfalt in den Unternehmen. Was für die Firmen gilt, trifft auch auf die ganze Gesellschaft zu. Ökonomisierung und Übereffizienz bergen sozialen Sprengstoff. Wir sind dann zwar hypereffizient, aber es herrscht ein starker Wettbewerb, in dem wir zu Maschinen werden, die sehr ähnlich funktionieren. Und es wird nicht mehr für alle Arbeit geben.“
Ließe sich von hier ausgehend nicht gerade für die Bedingungslosigkeit des Grundeinkommens plädieren? Warum aber geschieht das nicht? Bei aller Sorge um die „Ökonomisierung“, die geäußert wird, folgt der Vorschlag, „einen Beitrag für die Gesellschaft erbringen“ zu müssen nicht ebenso der Haltung, dass Menschen nützlich sein sollen?
Sascha Liebermann