Subsidiarität und BGE – kein Gegensatz

Immer wieder wird gegen das Bedingungslose Grundeinkommen eingewandt (z.B. hier), dass es gegen das Subsidiaritätsprinzip verstoße. Dieses Prinzip ist folgendermaßen definiert:

„Wenn es nämlich auch zutrifft, was ja die Geschichte deutlich bestätigt, dass unter den veränderten Verhältnissen manche Aufgaben, die früher leicht von kleineren Gemeinwesen geleistet wurden, nur mehr von großen bewältigt werden können, so muss doch allzeit unverrückbar jener höchst gewichtige sozialphilosophische Grundsatz fest gehalten werden, andern nicht zu rütteln noch zu deuteln ist: wie dasjenige, was der Einzelmensch aus eigener Initiative und mit seinen eigenen Kräften leisten kann, ihm nicht entzogen und der Gesellschaftstätigkeit zugewiesen werden darf, so verstößt es gegen die Gerechtigkeit, das, was die kleineren und untergeordneten Gemeinwesen leisten und zum guten Ende führen können, für die weitere und übergeordnete Gemeinschaft in Anspruch zu nehmen; zugleich ist es überaus nachteilig und verwirrt die ganze Gesellschaftsordnung. Jedwede Gesellschaftstätigkeit ist ja ihrem Wesen und Begriff nach subsidiär; sie soll die Glieder des Sozialkörpers unterstützen, darf sie aber niemals zerschlagen oder aufsaugen.“ (Enzyklika QUADRAGESIMO ANNO, Abschnitt 79)

Deutlich wird schon zu Beginn des Abschnitts, dass nicht feststehende Aufgaben zugewiesen werden, sondern Aufgaben im Verhältnis dazu stehen, ob ein „kleineres Gemeinwesen“ sie tragen kann. Es bedarf also eines steten Abwägens und Prüfens, welche Aufgaben im Wandel der Verhältnisse von welcher Einheit der Gemeinschaft getragen werden können. Es handelt sich um kein statisches oder Aufgaben dogmatisch festschreibendes Prinzip. Der sozialphilosophische Grundsatz, an dem festgehalten werden soll, vertraut in die Kräfte des Einzelnen, er soll gestärkt werden, ohne dass damit eine individualistische Vorstellung vom Einzelnen betont wird. Denn der Einzelne ist immer Einzelner im Gemeinwesen, weswegen ihm nicht Aufgaben abgenommen werden sollen, die er bewältigen kann, das Gemeinwesen aber helfen muss, wo ohne Hilfe der Einzelne geschwächt würde. Überlassen werden soll ihm bzw. den kleineren Gemeinwesen nur, was sie zum guten Ende führen können. Was er tragen kann und was ihn überfordert, ist also stets zu erwägen und gegebenenfalls vom Gemeinwesen zu übernehmen.

Aus dem Subsidiaritätsprinzip kann also keinesfalls abgeleitet werden, dass die Einkommenserzielung dem Einzelnen überlassen werden muss, wie immer wieder behauptet wird, denn von ihr ist nicht die Rede. Mit dem Subsidiaritätsprinzip vereinbar ist auch ein BGE, denn der Einzelne wird durch es gestärkt und es erlaubt ihm, Aufgaben wieder in die Hand zu nehmen, die das Gemeinwesen ihm abgenommen hat. Deswegen sprechen wir auch davon, dass das BGE einen starken und zurückhaltenden Staat zugleich ermöglicht. Stark muß er sein, wo es gilt, den Einzelnen in seinen Fähigkeiten zu schützen und zu fördern; zurückhaltend muss er sein, wo es seiner Hilfe nicht bedarf. Auch dies ist nicht einfach festzuschreiben, sondern stets zu erwägen.

Auf die Vereinbarkeit christlicher Traditionen insbesondere des viel gescholtenen Protestantismus mit dem BGE ist – entgegen anderer Stimmen – von Bischof Knuth ausdrücklich hingewiesen worden. Die christliche Tradition ist – auch nicht der Apostel Paulus, worauf wiederholt hingewiesen wurde – kein Gewährsmann gegen das BGE.

Sascha Liebermann

Mindestlöhne befestigen das Erwerbsideal, das BGE befreit uns davon

Seit einiger Zeit wird verstärkt über Mindestlöhne diskutiert, Befürworter und Kritiker tauschen regelmäßig ihre Standpunkte aus (z.B. hier). Doch diese Debatte führt uns nicht weiter, es besteht sogar eher die Gefahr, dass die Einführung von Mindestlöhnen und die damit häufig verbundene Forderung nach einer allgemeinen Reduzierung der Arbeitszeit das Erwerbsideal weiter befestigen. Statt also mit diesem Schritt das Bestehende zu festigen, sollten wir lieber gleich einen Schritt in die Zukunft machen.

Besonders bedeutsam wird die Diskussion, weil Mindestlöhne und allgemeine Arbeitszeitverkürzung auch unter Grundeinkommensbefürwortern (z.B. im Netzwerk Grundeinkommen, Unterpunkt 20 der Fragen und Antworten) Anhänger haben. Hinter diesen Erwägungen geben sich noch Vorbehalte zu erkennen, und zwar Vorbehalte hinsichtlich dessen, ob der Einzelne die Verantwortung, die das bGE ihm aufbürdet, auch schultern kann.

Schauen wir uns manche der Einwände gegen ein BGE an:

1. Das bGE führt zu Lohndumping

Auf jeden Fall führt das bGE dazu, dass zwei Funktionen von Einkommen, die heute im Lohn vereint sind, getrennt werden: Existenzsicherung und Gehalt. Das bGE übernimmt die Existenzsicherung, das Gehalt ist dann nur noch ein Wertschöpfungsanteil am Erfolg des Unternehmens. Diese Trennung beider Funktionen erlaubte in der Tat ein Absinken der Gehälter. Entscheidend ist, welche Einkommenssumme (BGE + Gehalt) jedem zur Verfügung steht. Das BGE führt lediglich zu einer veränderten Zusammensetzung. Von dieser Seite aus betrachtet, stellt das Sinken der Gehälter kein Problem dar, weil es nicht zum Sinken der Einkommen führen muß.

Darüber hinaus ist allerdings festzuhalten, daß über Gehälter verhandelt wird und Unternehmen sie nicht diktieren können. Ein bGE in ausreichender Höhe verleiht ja gerade Verhandlungsmacht, die Arbeitnehmer heute in diesem Maße nicht haben. Jegliche Furcht vor Lohndumping ist also unberechtigt, sie ist noch noch Ausdruck von Mißtrauen in die Verhandlungsfähigkeiten des Einzelnen. Wer sich mit einem bGE im Rücken auf ein niedriges Gehalt einläßt, tut das aus freien Stücken und muß es dann auch verantworten.

2. Das bGE ist ein Kombilohn und subventioniert Erwerbsarbeit

Das bGE wird sich sehr wahrscheinlich auf die Gehaltsstruktur auswirken, das haben wir schon gesehen. Es wird jedoch nicht als Subvention für Erwerbsarbeit gewährt. Zweck und Effekt sind hier voneinander zu unterscheiden. Das BGE ist ein Bürgereinkommen, Auswirkungen auf die Gehaltsstruktur sind mittelbar, die Gewährung des bGE – im Unterschied zu Lohnsubventionen – ist nicht an Erwerbsarbeit gebunden und nur vom Bürgerstatus abhängig.

Es ist also mit allen Formen der Subventionierung von Erwerbsarbeit nicht vergleichbar. Wenn es etwas „subventioniert“, dann ist es Freiheit.

3. Die Untenehmen müssen einen Beitrag zum Gemeinwohl leisten, das bGE jedoch entlastet sie davon

Was ist die Aufgabe von Unternehmen, welchen Beitrag können sie leisten? Sie sollen Werte erzeugen, also Dienste und Produkte für mögliche Kunden bereitstellen. Damit sie dies unter für sie förderlichen Bedingungen tun können, muß eine entsprechende Infrastruktur bereitgestellt werden. Sie wird aus Steuermitteln finanziert. Alle Kosten, die im Wertschöpfungsprozess entstehen, das ist wiederholt dargelegt worden (vgl hier und hier), müssen von einem Unternehmen erwirtschaftet werden – das geht nur über den Absatz. Deswegen reicht ein Unternehmen seine Kosten weiter – auch die Gehälter der Mitarbeiter -, so daß sie Bestandteil der Güterpreise werden. Wer also der Auffassung ist, Unternehmen müßten mehr beitragen und dürften von den Aufwendungen für Löhne nicht unverhältnismäßig entlastet werden (siehe z.B. Netzwerk Grundeinkommen, Unterpunkt 20 der Fragen und Antworten) glaubt, die Weiterwälzung der Kosten in Netzwerkdie Güterpreise verhindern zu können. Das ist aber nicht möglich. Will man also Unternehmen in ihrem Zweck fördern, dann ist eine Steuer am wirksamsten, die am Verbrauch ansetzt, erst dann also, wenn der Wert erzeugt ist und konsumiert werden kann. Das würde die Wertschöpfung entlasten. Ein solche Steuer macht transparent, welche Kosten tatsächlich angefallen sind, sie werden nicht, wie heute, in den Güterpreisen versteckt, sondern wären für jeden auf dem Rechnungsbeleg als Steuer ablesbar. Wie effizient und ressourcenschonend produziert wird, das liegt in der Verantwortung des Unternehmens. Hoher Ressourcenverbrauch kann entsprechend besteuert werden, das würde Unternehmen dazu drängen, ressourcenschondend zu produzieren.

4. Eine allgemeine Arbeitszeitverkürzung ist nötig, damit Arbeitslast wie Arbeitschancen gerecht verteilt werden

Ein bGE soll die Entscheidungsfreiheit und damit einhergehend die Verantwortung des Einzelnen stärken. Von daher liegt es nahe, ihn über seine (Erwerbs-)Arbeitszeit genauso verhandeln zu lassen wie über die Höhe seines Gehalts. Ob er mehr oder weniger arbeiten will, darüber soll er selbst befinden, er alleine kann am besten bestimmen, wieviel er zu leisten in der Lage und willig ist.

Wer eine allgemeine Arbeitszeitverkürzung zusätzlich zum bedingungslosen Grundeinkommen fordert, wertet Erwerbsarbeit auf, denn: Was verteilt werden muß, ist entweder besonders begehrenswert oder besonders wertvoll. Würden wir alle Arbeit gleich verteilen wollen, bedürfte es eines gigantischen Verteilungsapparats, der dann wieder eine Definition davon benötigte, was denn als Arbeit betrachtet wird. Jegliches Engagement jenseits der Erwerbsarbeit würde damit wieder abgewertet – wir hätten nichts gewonnen.

Vergleichbar verhält es sich mit der Forderung nach einem Mindestlohn: Nur wer dem Einzelnen nicht zutraut, vernünftig zu verhandeln, kann einen Mindestlohn für notwendig erachten. Beide, eine allgemeine Arbeitszeitverkürzung wie ein Mindestlohn, sind noch Ausdruck eines Mißtrauens. So ganz können wir dem Einzelnen doch nicht vertrauen, das für ihn Angemessene auszuhandeln, deswegen diese Schutzmaßnahmen. Damit wird ihm aber Verantwortung aus der Hand genommen, die er auch selbst tragen kann – vorausgesetzt, daß bGE ist hoch genug.

Keineswegs führt ein BGE von selbst dazu, daß es keine Gewerkschaften mehr geben wird. Das wird sich zeigen. Eines jedoch ist gewiß,
sie hätten andere Aufgaben als heute.

Sascha Liebermann

Die Ungewißheit der Zukunft – was bleibt?

Wer sich für ein BGE einsetzt und es in Diskussionen vorstellt, sieht sich sehr schnell der Forderung gegenüber, eine Voraussage darüber machen zu sollen, wie denn dann alles werde, ob denn überhaupt zukünftig ein BGE finanzierbar sei. Was werden die Bürger tun, wie werden sie ihr Leben gestalten, wenn sie über ein BGE verfügen. All das sind berechtigte Fragen – mit dem BGE ist eine große Ungewissheit in mancher Hinsicht verbunden.

So naheliegend und verständlich also die Sorgen sind, so missverständlich sind sie, wenn in ihnen die Hoffnung lebt, die Ungewissheit einer offenen Zukunft könnte doch vielleicht irgendwie beseitigt werden – z.B. durch Rechenmodelle. Sie können informieren, doch nur über die Vergangenheit; genauso können sie den Blick verstellen auf das konkrete, das wirkliche Leben.

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Leiharbeit, Zeitarbeit, prekäre Lebensverhältnisse – wie sähe es mit einem BGE aus?

Seit einiger Zeit wird viel über die Zunahme von Leiharbeit, Zeitarbeit und prekäre Lebensverhältnisse berichtet und diskutiert. Es scheint auf den ersten Blick eindeutig, worum es dabei nur gehen kann: um befristete Arbeitsverhältnisse, die zu Einkommensunsicherheit führen; um Beschäftigungsverhältnisse mit niedrigen, nicht existenzsichernden Einkommen sowie um Statusunsicherheit als Arbeitnehmer – der Einzelne verliert an Verhandlungsmacht. Unter den gegenwärtigen Bedingungen der Einkommenserzielung werden die Freiheiten enger, nicht nur für diejenigen mit geringen Qualifikationen, auch für andere: in keinem Bereich mehr sind Arbeitsplätze sicher. Diese Entwicklung hat zahlreiche Folgen. Entscheidungen, die über einen längeren Zeitraum sich auswirken und die zu treffen eine gewisse finanzielle Absicherung voraussetzt, werden so erschwert, wenn nicht gar unmöglich. Auch für die Frage der Familiengründung ist diese Lage nicht ohne Wirkung, wenngleich sie nicht alleine entscheidend ist.

Doch all die aufgelisteten Phänomene werde nur zu Problemen, weil wir keine Absicherung vorsehen, die von einer Einkommenserzielung über geregelte Erwerbsarbeit unabhängig ist. Gäbe es ein bedingungsloses Grundeinkommen in ausreichender Höhe, was wäre an Leiharbeit problematisch? Verhandlungsmacht würden Leiharbeiter im Unterschied zu heute nicht einbüßen, sie würden erst welche gewinnen. Zeitarbeit könnte zu Projektarbeit werden, ohne dass Einkommensungewißheit damit verbunden wäre. Was bliebe von „prekären Lebensverhältnissen“ übrig?

Etwas ganz anderes, als heute damit verbunden wird. „Prekär“ kann eine Lebenssituation in zwei ganz verschiedenen Bedeutungen sein. Die eine benennt schwierige, die Existenz bedrohende Einkommensverhältnisse. Letztlich bleibt dann der Gang zur Sozialbehörde mit all seinen stigmatisierenden Folgen. „Prekär“ kann aber ein Leben auch in einem anderen Sinn werden, der für gewöhnlich mit dem Ausdruck nicht verbunden wird: dem einer Lebenskrise als Sinnkrise. Sie kann durch keine Einkommensgarantie aufgehoben werden, keine Bildungspolitik kann sie verhindern. Solche Krisen gibt es heute auch, jeder hat auf sie eine Antwort zu finden, allerdings geben wir heute noch eine Antwort vor, die wir für besonders gut halten: Erwerbsarbeit. Auch wenn jeder schon vor die Frage gestellt ist, was er mit seinem Leben anfangen, was er aus ihm machen will, kann er doch heute an dieser einen Krücke gehen, in ihr eine Antwort erkennen. Wer Erwerbsarbeit leistet, macht nach allgemeiner Anschauung auf jeden Fall etwas Sinnvolles. Das spürt besonders, wer zur Arbeitsagentur geht und ihr Kunde wird.

Längst schon ist diese Antwort aber brüchig geworden, die Sinnfrage verlangt nach individuierten Antworten, jeder muß die geben, die ihm gemäß ist. Gäbe es ein BGE, stellt sich die Frage radikaler, es gäbe keine Krücke mehr, an der wir gehen könnten. Nicht würden wir in einem Schlaraffenland leben, wie immer wieder suggeriert wird. Vielmehr wäre es genau anders herum, wir wären mit der Frage der Freiheit und des Lebensinns viel härter konfrontiert. Keine kollektiv posivtiv besetzte Antwort würden den Weg weisen, wir müßten ihn selbst finden. Die wirklichen Lebensfragen träten um so deutlicher hervor, wenn wir von Einkommenssorgen befreit wären, Fragen, auf die keine politische Planung eine angemessene Antwort zu geben vermag.

Genau eine solche Situation wäre unserer Demokratie gemäß: sie ruht auf der Bereitschaft der Bürger, ihr Leben in die eigenen Hände zu nehmen. Ein BGE würde sie darin bestärken, ihnen den Rücken stärken, damit sie ihren Weg zu finden zum Gemeinwohl beizutragen. Mit einem BGE im Rücken trifft einen die Sinnfrage erst mit voller Wucht.

Sascha Liebermann

"Bedingungsloses Grundeinkommen – ein gesellschaftliches Zukunftsmodell?" – Workshop in Dortmund

Unter diesem Titel findet am 13. und 14. Juni ein Workshop in der Sozialforschungsstelle Dortmund, veranstaltet vom „Forum Neue Politik der Arbeit“ (Flyer Workshop.pdf), statt.
Für die Initiative wirken Ute Fischer (gemeinsames Papier mit Helmut Pelzer), Thomas Loer (Thesen) und Sascha Liebermann (Thesen) mit. Papiere weiterer Referenten sind auf der Website in der Rubrik „Workshops“ abgelegt.

Papiere und Fotos zur Veranstaltung finden Sie auch hier.

"Einfache Tätigkeiten", Bildungsabschlüsse, ständisches Denken – und das BGE

Wollen wir erfahren, wie in unserem Land über die Selbstbestimmungsfähigkeiten des Einzelnen gedacht wird und welche Vorstellung davon herrscht, weshalb Menschen sich für etwas engagieren, dann müssen wir uns nur betrachten, wie über „einfache Tätigkeiten“ gesprochen wird.

„Einfache Tätigkeiten“, so heißt es, ergreife jemand dann, wenn er nur geringe berufliche Qualifikationen vorweisen könne, wenn sie nur als Zuverdienst benötigt werden oder auch, weil er oder sie keine andere Wahl habe. Nicht selten wird denjenigen, die solche Tätigkeiten ausüben, attestiert, sich mit ihnen nicht zu identifizieren. Sicher, es wird Arbeitnehmer geben, für die das Geld wichtiger ist als die Sache, um die es geht. Nicht verwunderlich ist das, wenn jemand in Not ist, dennoch aber eine schlechte Voraussetzung dafür, eine Arbeit gut zu machen. Denn Geld selbst ist nicht sinnerfüllend, ist kein Inhalt, sondern lediglich Mittel dazu, sich etwas zu verschaffen. Wenn Geld den Vorrang hat und die Sache unbedeutend ist, mit der es verdient wird, dann ist zweifelhaft, welcher Qualität die Leistung ist, die erbracht wird. Voraussetzung für Leistung ist die Bereitschaft, sich mit einer Sache, ganz gleich welcher, auseinanderzusetzen. Person und Sache müssen sich entsprechen, soll dabei etwas Brauchbares herauskommen. Auch für einfache Tätigkeiten, können wir sagen, bedarf es also eines inneren Antriebes.

Was für diese Tätigkeiten gilt, gilt selbstverständlich im allgemeinen, wie sollte man sonst erklären, dass auch gegen Widerstände und unter widrigen Umständen Menschen dennoch an ihren Zielen festhalten. Die Rede von „einfachen Tätigkeiten“ ist auch irreführend, weil unsere Erfahrung lehrt, dass Automatisierung vor komplexen Tätigkeiten nicht halt macht. Entscheidend ist also, wie routineförmig ein Beruf ist, wieviel der Arbeitsgänge, die mit ihm verbunden sind, auf Maschinen übertragen werden können. Man denke nur an den Geldautomaten, der vor vielen Jahren qualifizierte Bankangestellte ersetzt hat.

Wer nun gegen das BGE den Einwand vorbringt, es werde sich niemand mehr finden, der bereit sei, einfache oder gar „schmutzige“ Tätigkeiten auszuführen, der geht davon aus, dass diese Tätigkeiten nicht sinnerfüllend sein können. Er geht davon aus, dass man keinesfalls damit etwas Positives verbinden könne. Wir kommt das?

Wir denken in festen Definitionen und bemerken es nicht. Wir sehen davon ab, dass die Frage, was sinnerfüllend ist, nur der Einzelne für sich beantworten kann, es gibt darauf keine allgemeine Antwort. Genau damit aber, es dem Einzelnen zu überlassen, tun wir uns schwer. Für das „Volk der Dichter und Denker“ scheint es so zu sein, dass der Mensch nur durch Bildungszertifikate und Arbeit zum Menschen werde, nicht aber durch Bildung, in deren Zentrum der Einzelne als Individuum steht. Eine solche Bildung bestimmt sich durch Erfahrungen, die dem Einzelnen ermöglicht werden. Weil aber Zertifikate Bildung schon ersetzt haben, streben wir danach, möglichst viele durch eine rigide und selektive Schule zu schleusen, einen großen Anteil davon dann wiederum durch ein Studium zu schleusen – und beides folgt mehr denn je den Maximen von Unterwerfung und Anpassung, nicht aber denen von Selbstbestimmung und Auseinandersetzung.

Aus diesem Grund, weil jemand ohne gehobenen Abschluß nichts ist, werten wir einfache Tätigkeiten und die Menschen, die sie ausüben, ab. Deswegen können wir uns nicht vorstellen, dass jemand eine solche Tätigkeit seinen Ambitionen entsprechend ausüben will. Mit einem BGE täten wir den ersten Schritt, um die Beantwortung dieser Frage dem Einzelnen zu überlassen.

Sascha Liebermann

Beitrag zum BGE in "Streetworker" nicht von uns autorisiert

Im Streetworker, einem Magazin, das durch Strassenverkäufer angeboten wird, ist offenbar ein Artikel über das Bedingungslose Grundeinkommen erschienen, der auf uns bezug nimmt und unsere Kontaktadresse angibt. Wir haben schon mehrere Zuschriften erhalten, die sich über den Artikel äußern. Aus diesem Grund möchten wir darauf hinweisen, dass wir weder den Artikel verfasst noch ihn autorisiert haben. Auch ist uns der Text nicht bekannt, so dass wir hätten Stellung beziehen können.