… diese Frage näher zu betrachten, wenn es um das Verhältnis von Förderern (wie z. B. Stifungen) und Geförderten geht, scheint wenig interessant, liegt doch auf der flachen Hand, worum es geht. Auf der einen Seite stehen diejenigen, die über soviel Vermögen verfügen, welches sie nicht für sich selbst benötigen und deswegen für andere einsetzen oder sogar stiften. Auf der anderen Seite stehen diejenigen, denen es genau an solchem Vermögen oder gar Einkommen mangelt, um Ideen und Ziele zu verfolgen, die sie für wirklich wichtig erachten – sehr häufig betrifft dies künsterlerische Vorhaben, aber auch Forschung und Bürgerinitiativen. Für letztere ist es die Herausforderung, auf der Seite der Förderbereiten jemanden zu finden, der sich mit ihrem Vorhaben verbinden will, es als förderwürdig erachtet. Manche Projekte werden dadurch erst möglich, anderen wird die Aussicht auf eine kontinuierliche Weiterführung eröffnet. Private Förderung kann kurze Wege gehen, kann umkompliziert erfolgen, gerade weil sie sich nicht an Verfahren wie in öffentlichen Ausschreibungen zu halten hat. Dem korrespondiert allerdings die Willkür, mit der Förderversprechen erfolgen, die außerordentliche Abhängigkeit vom guten Willen der Förderer, die genauso plötzlich, wie sie erschienen sind, wieder verschwinden können. Der Geförderte hat keinen Anspruch auf die Förderung, er kann nichts einklagen (anders als bei sozialstaatlichen Alimentierungen), es gibt keinen Rechtsweg – zumindest nicht für außervertragliche Angelegenheiten. Manchen wird dieses Phänomen vertraut sein, vielleicht haben sie selbst schon Erfahrungen damit gesammelt.
Was so selbstverständlich für das Verhältnis von Förderern und Geförderten erscheint, ist zugleich fraglich. Ist das Verhältnis auf diese Weise wie oben gut beschrieben? Die Missstände mögen gut beschrieben sein, doch das Verhältnis beider zueinander ist damit nicht wirklich erfasst, denn Förderer sind davon abhängig, andere fördern zu dürfen, überhaupt etwas ausfindig zu machen, das sie fördern können. Die Abhängigkeit des Geförderten vom Förderer ist zugleich die des Förderers vom Geförderten. Kein Mäzen ohne Künstler, ohne Kunst, die geschaffen wird. Von Förderern bereitgestelltes Geld, die unentbehrlichen finanziellen Mitteln sind ein Abstraktum, solange sie nicht in ein konkretes Vorhaben münden, Förderung erfüllt sich also nur im durch Förderung geschaffenen und sei das bloß der ermöglichte Erfahrungsraum ohne greifbares Werk, das aus ihm hervorgeht.
Zurecht werden manche nun denken, schön wär’s, wenn Förderer das so sähen. Ja, es ist bedauerlich, dass sich darüber womöglich Förderer nicht im Klaren sind, doch an dem Zusammenhang ändert das nichts. Entsprechend ist es für diejenigen, die Vorhaben verfolgen, die gefördert werden könnten, damit selbstbewusst umzugehen. Beide Seiten wollen etwas voneinander, brauchen einander in diesem Sinne, ohne dass sie sich aufgeben sollten. Doch, wer kann es sich erlauben, so souverän aufzutreten, wenn er nicht weiß, wie er im nächsten Monat seine Miete bezahlen soll?
Unter heutigen Bedingungen, dass also Erwerbseinkommen erzielt werden muss, um ein Auskommen zu erreichen, kann eine solche Förderkonstellation schnell als Ungleichgewicht zwischen beiden Seiten sich darstellen. Am längeren Hebel sitzt dann derjenige, der Einkommen bereitstellen kann. Und dennoch ist es so, dass sich der Zweck eines wie auch immer gearteten Fördervorhaben nur realisieren kann, wenn es etwas zu fördern gibt und jemand sich dafür fördern lässt. Es ist leicht zu erkennen, wie wohl ein Bedingungsloses Grundeinkommen auf diese heute verfahrene Situation sich auswirken könnte.
Siehe zu dieser Thematik auch einen früheren Beitrag hier.
Sascha Liebermann