…dafür plädiert Jürgen Schupp in einer Stellungnahme auf Seiten des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW). Er schreibt:
„Die befristete Aussetzung von Sanktionen, die vereinfachte Vermögensprüfung und auch die Erstattung der Wohnkosten sollten also vielmehr genutzt werden, diese Leistungen auch neuen Gruppen wie Solo-Selbständigen, Kulturschaffenden oder Honorarkräften zu öffnen – und zwar mit einer Kultur von mehr Vertrauen seitens der Behörden. Die Klärung der Debatte, ob ein solches bedingungsärmeres System der sozialen Sicherung auch längerfristig die überlegene Alternative zu garantistischen Grundeinkommensmodellen darstellt, sollte auf die Zeit nach der Corona-Krise vertagt werden, wenn auch Fragen eines möglichen Missbrauchs der bestehenden Regelungen empirisch beantwortet werden können. Auf der Tagesordnung sollte das Thema Grundeinkommen auf jeden Fall bleiben.“
Womöglich wäre es einfacher, den von ihm vorgeschlagenen Weg zu gehen, allerdings änderte er nichts an der grundsätzlichen Stigmatisierung von Leistungsbeziehern, denn die normative Basis dieser Sicherungsleistungen bliebe dieselbe. Es ist richtig, dass auch das in der Anhörung vorgeschlagene Netto-Grundeinkommen diese normative Basis nur vorübergehend aussetzen würde – aber immerhin. Grundsätzlich stellt sich doch die Frage, was das normative Zentrum des Sicherungssystems sein soll: Erwerbstätigkeit oder Zugehörigkeit (hier mit Berechtigungsregelungen für Nicht-Staatsbürger)? Dazu könnte die Auseinandersetzung mit dem NGE beitragen und ebenso die Maßnahmen, die Schupp vorschlägt. Letztlich wird alles davon abhängen, ob der Wille da ist, den Sozialstaat auf ein anderes Fundament zu stellen, Ansatzpunkte dafür gibt es ganz einfache: die Freibeträge in der Einkommensteuer. Es gibt sie schon, sie stellen einen Rechtsanspruch dar – auch für diejenigen, die sie nicht brauchen, das scheinen nur selbst gestandene Sozialpolitiker nicht zu wissen.
Sascha Liebermann