…das verkündete neulich Michael Hüther, Direktor des Instituts der Deutschen Wirtschaft, bei Maybrit Illner. Wo er recht hat, hat er recht. Ist das nicht ein Erfolg, der gefeiert werden müsste?
Sehen wir einmal davon ab, dass solche Meldungen, gäbe es ein bedingungsloses Grundeinkommen, gar nicht mehr vorkämen, weil sie unbedeutend wären – was besagt die Zahl denn unter heutigen Umständen?
Sie informiert uns nur darüber, wie viele Erwerbstätige es gibt. Sie gibt keine Auskunft darüber, ob es sich um Vollerwerbs- oder Teilzeitarbeitsplätze handelt (das gerade letztere großen Zuwachs erfahren haben, zeigt hingegen die Statistik). Hebt man also diesen Umstand heraus und betrachtet ihn nicht im Verhältnis zu anderen Größen, mag er beeindrucken. Vor allem aber täuscht er uns über die wirklichen Verhältnisse hinweg. Für die Leistungserbringung in einer Volkswirtschaft ist die Zahl der Erwerbstätigen unerheblich, entscheidend ist das Arbeitsvolumen in Stunden im Verhältnis zu hergestellten Gütern und Diensten. Darauf hat meiner Erinnerung nach in der Sendung keiner der Diskutanten hingewiesen. Betrachtet man nämlich das Verhältnis von Arbeitsvolumen zu erzeugten Gütern, dann fällt etwas ganz anderes ins Auge. Das Arbeitsvolumen im langfristigen Trend ist stetig gesunken, währende das Bruttoinlandsprodukt gestiegen ist (Hinweis 1, Hinweis 2). Wohlstand wird durch Produktivität erreicht, nicht durch Heere von Erwerbstätigen. Weiß das Michael Hüther etwa nicht? Wohl kaum, dazu wäre ein erhebliches Maß an Ignoranz notwendig. Viel näher liegt es, in der Feier einer solche unbedeutenden Zahl wie der Erwerbstätigen ein anderes Motiv am Werk zu sehen. Wer der Überzeugung ist (mit Wissenschaft hat das dann nichts mehr zu tun), dass politisches Ziel die Integration über den Arbeitsmarkt sein müsse, für den ist die Erwerbstätigenzahl wichtig. Sie zeigt an, wie viele es dahin geschafft haben. So erklärt sich unter anderem die Fixierung Hüthers auf diese Zahl, ohne die anderen in Betracht zu ziehen. Diese Werthaltung bleibt auch nicht ohne Einfluss auf Studien. Wie die Welt im Institut der Deutschen Wirtschaft aussieht, habe ich selbst während einer Podiumsveranstaltung erlebt und in einem kleinen Bericht notiert.
Weshalb wäre nun, gäbe es ein bGE, diese ganze Diskussion von gestern? Die Antwort ist ganz einfach. Weil es dem Einzelnen eine dauerhafte Einkommenssicherheit gewährte, die es erlaubte, jedweder Tätigkeit nachzugehen. Falls es angestellt nicht möglich sein sollte, dann eben selbständig oder ohnehin wie in einem Ehrenamt. Um ein Einkommen zu erhalten, bedürfte es keiner Registrierung bei der Arbeitsagentur oder sonst einer Behörde mehr, denn mit dem Innehaben der Staatsbürgerschaft oder einer dauerhaften Aufenthaltserlaubnis erhielte man es von der Wiege bis zur Bahre. Einzige Voraussetzung wäre, dass wir weiterhin bereit sind, uns so zum Wohle des Gemeinwesens einzusetzen, wie wir es heute schon tun.
Wie albern müssen uns heutige Debatten um Erwerbslosigkeit, Erwerbstätige und Förderprogramme vorkommen, wenn wir sie von der Warte eines bGEs aus betrachten. Doch solange wir es nicht haben, werden uns diese Debatten verfolgen. Es ist längst Zeit, uns von diesem Hemmnis zu befreien.
Sascha Liebermann