„Scholz lehnt Grundeinkommen ab. Hat der SPD-Kanzlerkandidat das S vergessen?“…

…fragt Stephan-Andreas Casdorff im Tagesspiegel. Casdorff schreibt, dass ein BGE „klassisch sozial und demokratisch ist: Der Staat überweist monatlich einen festen Betrag an alle Bürger, unabhängig von deren Kontostand und ohne Gegenleistung“, das wäre seiner Meinung nach Grund genug für die SPD, sich dem BGE anzunehmen. Casdorff übersieht dabei aber, dass die SPD keine Tradition hat, in der sie Nicht-Erwerbstätige für genauso wichtig erachtet wie Erwerbstätige, es fehlt ihr ein positiv besetztes Verständnis von bürgerschaftlicher Vergemeinschaftung, die das wirklich integrierende Moment ist – nicht die Erwerbstätigkeit. Sie steht für die weitestgehende Auswechselbarkeit des Einzelnen, weil er nur der Bewältigung einer Aufgabe zu dienen hat, daran bemisst sich sein Wert. Das ist die moderne Form von Arbeitsverhältnissen, die zugleich eine Befreiung von Leibeigenschaft bedeutete. Soziale Integration, wie es häufig genannt wird, leistet sie aber nicht. Die politische Vergemeinschaftung der Bürger schon.

Sascha Liebermann

Entscheidend ist der Vergleichszeitpunkt: Arbeitslosigkeit vor und nach der Hartz-Reform

Es heißt ja immer, der Arbeitsmarkt habe sich seit 2005 enorm positiv entwickelt, wenn heutige Zahlen zur Arbeitslosigkeit herangezogen werden. Entscheidend ist dabei immer, welcher Vergleichszeitpunkt gewählt wird. Nimmt man statt 2005 (damals galt „Deutschland“ als „der kranke Mann Europas“) das Jahr 2001, sieht die Entwicklung ziemlich anders aus. Statt 4,9 Mio Arbeitslose laut offizieller Statistik sind es dann nur 3,9.

Vergleicht man das Arbeitsvolumen je Erwerbstätigen mit der Zahl der Erwerbstätigen zeigt sich eine gegenläufige Entwicklung. Das lässt sich vor allem mit dem relativ hohen Zuwachs an Teilzeiterwerbstätigkeit erklären. Mit den Jubelmeldungen ist es dann nicht weit her.

Siehe auch hier und hier.

Arbeitsvolumen, Erwerbstätige und die Jubelmeldungen zum Arbeitsmarkt

Auszug des Beitrags auf Querschüsse: „Während also seit 1991=100, dass insgesamt geleistete Arbeitsvolumen in Stunden um -0,6% bis Q2 2017 sank, stieg das nominale BIP im selben Zeitraum um knapp über 100 Prozent was den Einfluss von Produktivitäts- und Preissteigerungen auf das nominale BIP dokumentiert, aber auch den stark gewachsenen Außenbeitrag (Nettoexporte) reflektiert. Ein geleistetes Arbeitsvolumen in Q2 2017 unterhalb von 1991 verdeutlicht auch, den irgendwann zum Scheitern verurteilten Versuch, ein Sozial- und Rentensystems ausschließlich auf Erwerbsarbeit abzustellen!“

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„Du bist uns als Mensch wichtig nicht nur als Arbeitskraft“

Dieses Wahlplakat trifft eine wichtige Aussage, dass nämlich der Mensch (als Bürger) um seiner selbst und um des Gemeinwesens willen im Zentrum stehen sollte – und nicht die Erwerbstätigen (siehe hier und hier). Der deutsche Sozialstaat ist jedoch einer, in dessen Zentrum Erwerbstätigkeit steht, von wenigen Ausnahmen abgesehen. Ein BGE erst würde das ändern können.

Der Arbeitsmarkt, der Arbeitsmarkt – Erwerbstätige versus Arbeitsvolumen

Das Statistische Bundesamt meldete in eine Pressemitteilung „Über 44 Millionen Erwerbstätige im 2. Quartal 2017“. Zugleich – ohne dass dies in die Überschrift aufgenommen wurde – meldete es:

„Die Zahl der durchschnittlich geleisteten Arbeitsstunden je Erwerbstätigen verringerte sich nach ersten vorläufigen Berechnungen des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) der Bundesagentur für Arbeit im zweiten Quartal 2017 im Vergleich zum zweiten Quartal 2016 um 1,9 % auf 321,2 Stunden. Das gesamtwirtschaftliche Arbeitsvolumen – also das Produkt aus Erwerbstätigenzahl und geleisteten Stunden je Erwerbstätigen – sank im selben Zeitraum um 0,4 % auf rund 14,2 Milliarden Stunden“.

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„…und keiner hat mehr einen Anreiz, dafür zu sorgen, dass diese Menschen jemals aus diesem prekären Einkommenssegment entkommen…“

Ein Gespräch zwischen Anke Hassel (Hertie School of Governance/ WSI Hans Böckler Stiftung) und Thomas Straubhaar (Universität Hamburg) in der Wirtschaftswoche (siehe auch dieses Interview mit Anke Hassel) unter dem Titel „Bedingungsloses Grundeinkommen. Geld für gar nichts?“. Meine früheren Kommentare zur Haltung von Anke Hassel zum BGE finden Sie hier. Zu Thomas Straubhaars Argumentation habe ich mich ebenso wiederholt geäußert, siehe hier. Es ist nicht allzulange her, dass er die Hartz-Reformen gelobt hat, siehe hier. Damals sagte Straubhaar z. B. folgendes:

„…und keiner hat mehr einen Anreiz, dafür zu sorgen, dass diese Menschen jemals aus diesem prekären Einkommenssegment entkommen…“ weiterlesen

„Sie wächst und wächst, „die“ Beschäftigung. Aber welche eigentlich? Eine Dekomposition der Erwerbstätigenzahlen“…

…ein Beitrag von Stefan Sell auf der Website Aktuelle Sozialpolitik.

Zu diesem Thema haben auch wir wiederholt Beiträge erstellt, da nicht oft genug darauf hingewiesen werden kann, dass Statistiken nur erheben, was per Erhebungsinstrument definiert wurde.

Siehe frühere Beiträge von uns hier und hier.

Wieder einmal Jubelberichte über den Arbeitsmarkt – doch die Zahlen lassen anderes erkennen…

…berichtet O-Ton-Arbeitsmarkt:

„2016 waren laut Statistischem Bundesamt 43,4 Millionen Menschen erwerbstätig. Doch als Erwerbstätigkeit definiert die Statistikbehörde jede entlohnte Beschäftigung von mehr als einer Wochenstunde. Die Erwerbstätigen stehen also keinesfalls allesamt in einem „normalen“, sozialversicherungspflichtigen Arbeitsverhältnis. Zu ihnen zählen unter anderem auch Mini- und Ein-Euro-Jobber sowie bezahlte Praktikanten.“

Hier geht es zum vollständigen Beitrag

„Was sind Erwerbstätige?“ (Destatis)

Die „Langen Reihen“ des Statistischen Bundesamtes von 1970 bis 2015 finden Sie hier. Betrachtet man die geleisteten Stunden pro Erwerbstätigen (1970: 1966, 2015: 1367), zeigt sich deutlich, wie stark das Arbeitsvolumen pro Erwerbstätigen abgenommen hat. Es kann keine Rede davon sein, dass die Veränderung im Verhältnis zu 1991 gering sei, um fast 200 Stunden ist die Arbeitszeit zurückgegangen, also mehr als um einen Monat Vollerwerbstätigkeit.