Siehe unserer früheren Kommentare zu Ausführungen von Jutta Allmendinger zum Bedingungslosen Grundeinkommen.
In diesem Zusammenschnitt eines Interviews tauchen verschiedene Themen auf, darunter das Bedingungslose Grundeinkommen. Frau Allmendinger setzt angesichts gegenwärtiger Herausforderungen auf Arbeitsmarktpolitik und Prävention, also Qualifizierung, um etwaiger Erwerbslosigkeit vorzubauen. Eine Frage, die sich dann aufdrängt ist, auf welcher Basis für den Einzelnen all dies in Angriff genommen wird: kann er, soll er oder muss er? Dampft man die Ausführungen bezüglich dieser Frage ein, dann bleibt der paternalistische Vorbehalt Frau Allmendingers stehen. Sie befürchtet nämlich, ein BGE führe dazu, dass „Leute“ Zeit mit ihresgleichen verbringen, statt sich zu „durchmischen“. Wer mit wem – darüber soll der Einzelne also so wenig wie möglich befinden können.
Wenn „Sorgearbeit“ angemessen bezahlt werden soll, so ihr Vorschlag, dann verändert sie sich jedoch für diejenigen, die dafür gar keine Bezahlung, aber eine Absicherung in Gestalt von Einkommenssicherheit benötigen. Ein BGE wäre eben keine Bezahlung, sondern eine Ermöglichung, Zuwendung zu Angehörigen würde dadurch eben nicht kommodifiziert, also zu einer Dienstleistung verwandelt, wie es der Fall ist, wenn ausgebildete Pfleger beauftragt werden. Gleichwohl wäre Pflege aus diesem Motiv abgesichert.
Es darf am Ende natürlich der Hinweis darauf nicht fehlen, wie wichtig Ganztagsschulen seien. Dem wäre die Frage entgegenzuhalten, welche Erfahrungsmöglichkeiten im lebensnahen oder auch frei gewählten Umfeld Kindern und Jugendlichen dann noch bleiben, wenn sie die meiste Zeit des Tages in einer Einrichtung unter Beaufsichtigung verbringen. Es ist grundsätzlich etwas anderes, ob aus eigenem Drang die Welt erkundet wird oder dies im Rahmen einer pädagogischen Einrichtigung geschieht. Zum Leben gehört auch Privatsphäre, Dinge verbergen zu können, das können Kinder aber nur, wenn es beaufsichtigungsfreie Erfahrung geben kann – das spricht genau gegen Ganztagsschulen und -kitas. Dann aber bedarf es nahestehender Personen, in vielen Fällen der Eltern, damit solche Erfahrungen gemacht werden können. Besonders grotesk ist es, wenn der Achte Familienbericht aus dem Jahr 2012 mit dem Ziel „Zeit für Familie“ überschrieben ist, die Empfehlungen allerdings, wie bei Allmendinger, in Richtung Ganztagsbetreuung gehen, was ja letztlich heißt: keine oder wenig Zeit für Familie.
Sascha Liebermann