„1.000 Euro sind ein bisschen zu viel“ – aus welcher Perspektive?

Eine Gewinnerin von Mein Grundeinkommen äußerte sich so in einem Interview mit Cicero. Die Passage in Gänze lautet so:

Cicero: „Unabhängig von dem finanziellen Aspekt. Glauben Sie, dass sich das bedingungslose Grundeinkommen auf die Gesamtgesellschaft übertragen ließe?“
Jehne: „Ja, aber ich denke nicht in dieser Höhe. 1.000 Euro sind ein bisschen zu viel. 600 Euro passen da vielleicht schon eher. Viele Menschen arbeiten zum Mindestlohn, oder wie bei mir im Bekanntenkreis in der Gastronomie. Da ist man sehr abhängig von den Schichten. Wenn man längere Zeit krank ist, fehlt auch einfach das Trinkgeld. Da rutscht man finanziell schon sehr schnell ab. 600 Euro helfen einem da wahnsinnig. Das könnte Menschen statt Hartz IV oder Wohngeld weiterhelfen.“

Weshalb Frau Jehne den Betrag von 1000 Euro für zu hoch hält, wird aus dieser Passage nicht klar. Woran orientiert sie sich dabei? Dass aus ihrer Perspektive als Studentin der Betrag hoch erscheinen mag, könnte ein Grund sein. Angesichts der Lebenshaltungskosten oder anderer Bezugsgrößen scheint er mittlerweile eher die untere Grenze für ein Grundeinkommen, wenn es bedingungslos sein soll, darzustellen. Womöglich ist ihr nicht klar, dass sie als Studentin in einem privilegierten Status lebt, der Vergünstigungen mit sich bringt (Steuern, Krankenkasse usw.).

„Das heißt aber auch, dass nicht jeder Grundeinkommen erhalten soll?
Doch, wie bei einem sozialen Bürgergeld. Wo sollte man denn sonst die Grenze ziehen? Es soll gerecht bleiben und jedem – auch Millionären – ist freigestellt, wofür er sein Grundeinkommen ausgibt. Es ist schließlich dazu gedacht, individuelle Freiheit  zu ermöglichen und vielleicht kurbelt es auch die Wirtschaft an.“

Die Frage reagiert wohl darauf, dass die Interviewte selbst den Vergleich zu Beziehern von Arbeitslosengeld II oder Wohngeld zieht. Was ist nun ein „soziales Bürgergeld“? Eine Grenze lässt sich schon ziehen, wenn Bedürftigkeit zum Kriterium gemacht würde, das will sie aber nicht, also muss es jeder erhalten. Hier betont sie nun, dass es darum geht, individuelle Freiheit zu stärken, dann ist der Betrag von 600 Euro jedoch niedrig.

Sascha Liebermann