…und weil das so ist, braucht es Gewerkschafter – bzw. die Gewerkschaften – die dafür kämpfen, wie der DGB-Vorsitzende Reiner Hoffmann in einem Interview mit der Leipziger Volkszeitung hervorhob:
LVZ: „Der Tag der Arbeit steht vor der Tür, da ist ein Blick in die Zukunft erlaubt: Gibt es in zehn Jahren das bedingungslose Grundeinkommen?“
Hoffmann: „Auch in zehn Jahren wird es kein bedingungsloses Grundeinkommen geben, weil die Erwerbsarbeit auch dann noch einen hohen Stellenwert haben wird. Menschen wollen von ihrer Arbeit ein ordentliches Leben führen können. Wer ein bedingungsloses Grundeinkommen fordert, der verkennt, dass Erwerbsarbeit mehr ist als Broterwerb: Sie schafft sozialen Zusammenhalt, ist sinnstiftend. Menschen erfahren durch sie Wertschätzung. Das Grundeinkommen ist nichts anderes als eine Stilllegungsprämie, um Menschen aus der Arbeit herauszudrängen.“
Schafft Erwerbsarbeit „sozialen Zusammenhalt“? Ist sie „sinnstiftend“? Erfahren „Menschen […] durch sie Wertschätzung“?
Erwerbsarbeit bekräftigt nur eines, die Geltung eines Leistungsethos und damit die Anerkennung von Leistung als Beitrag zum Gemeinwohl, doch eine Anerkennung der Person um ihrer selbst willen ist damit nicht verbunden. Diese Unterscheidung zweier Anerkennungsdimensionen ist gerade das moderne am Leistungsethos und die Grundlage jeglicher Kritik am Unterlaufen des Leistungsethos. Ist es der Maßstab, dann kann nicht Beschäftigung als solche Ziel einer Arbeitsmarktpolitik sein, das wäre eine leistungslose Erwerbsorientierung – im Grunde genau, was wir seit Jahrzehnten erleben. Wertschätzung erfährt man in Erwerbsarbeit nur für Leistung, an ihr werden Mitarbeiter gemessen, der Rest illusionäre Verklärung. „Sinnstiftend“ kann sie eben nur sein, wenn menschliche Arbeitskraft dafür auch unerlässlich ist. Zur „Stilllegungsprämie“ verweise ich auf frühere Kommentare, der Ausdruck lässt tief blicken.
Und natürlich heißt es an anderer Stelle:
Hoffmann: „Hartz muss überwunden werden. Die Bezugsdauer des Arbeitslosengeldes I muss verlängert werden. Und für Menschen, die dennoch in die Langzeitarbeitslosigkeit rutschen, brauchen wir ein Recht auf Qualifizierung.“
Was wird hier überwunden?
Sascha Liebermann