„Wir müssen endlich darüber reden. Es ist ein Fehler, das Thema nur wegzudrücken“…

…sagt Saskia Esken über ein Bedingungsloses Grundeinkommen im gemeinsamen Interview mit Norbert Walter-Borjans auf Spiegel Online. Walter-Borjans ist zwar gegen ein BGE, hält aber die Diskussion darüber für nötig. Beide kandidieren für den SPD-Vorsitz. Hier ist die betreffende Passage:

„Esken: Wir müssen endlich darüber reden. Es ist ein Fehler, das Thema nur wegzudrücken. Für eine Partei darf es, abgesehen von verrückten Dingen wie der Todesstrafe, in der Diskussion keine Tabus geben. Wir haben zum Beispiel auch viel zu lange nicht über den Kohleausstieg gesprochen. Das Grundeinkommen wurde in verschiedenen Abwandlungen nur andiskutiert, wird generell oft verteufelt als Stillhalteprämie für Arbeitslose. Das ist aber nicht die Idee. Es ist ein Konzept mit verschiedenen Facetten, um unterschiedliche Lebensphasen zu ermöglichen, mit mal mehr und mal weniger Erwerbsarbeit. In Zeiten von veränderten Lebensbiografien müssen wir flexiblere Möglichkeiten anbieten.

SPIEGEL ONLINE: Herr Walter-Borjans, wie sehen Sie das als Haushälter?

Walter-Borjans: Wir müssen über die unterschiedlichen Vorstellungen in unserer Partei offener reden. Ich habe einen Großteil meines Lebens als Wirtschaftsförderer gearbeitet – mit höherer Wertschätzung durch die Wirtschaft, aber ich habe mich nie für meine Partei entschuldigt, nur um als wirtschaftspolitisch kompetent zu gelten. Wir dürfen Sozialdemokratie nicht so formen, wie unsere Gegenspieler sie gern hätten. Ich bin zwar dagegen, ein Grundeinkommen ohne Bedingungen zu machen, weil ich für die Fürsorge durch das Gemeinwesen auch die Bereitschaft erwarte, sich für dieses Gemeinwesen einzusetzen. Aber das heißt ja nicht, dass die Befürworter nicht auch gute Argumente haben. Und die sollten wir zumindest diskutieren.“

Während Esken ein BGE differenziert betrachtet, stellt sich bei Walter-Borjans die Frage, welche „Bereitschaft“ er vor Augen hat und wie er sie feststellen will? Denn Bereitschaft zu prüfen, bedeutet nicht tatsächliches Handeln zu prüfen, sondern nur Versprechungen oder Bekenntnisse. Entweder bleibt er damit beim jetzigen Gefüge stehen, dass Bereitschaft mit Erwerbsbereitschaft gleichsetzt (Arbeitswilligkeit) oder er fasst Bereitschaft weiter, wie es das „participation income“ tut. Dann müsste jedoch definiert werden, was als Bereitschaft gilt. Denn bedingungslos soll ein Grundeinkommen ja nicht sein.

Sascha Liebermann