Haltung, aber welche?

Diese Frage wirft der Beitrag von Nikolaus Blome auf Spiegel Online auf. Die Einseitigkeit seiner Haltung hatte ich gestern schon kommentiert, da Blome einen Gegensatz zwischen Solidarität und Bedingungslosem Grundeinkommen entwirft, der so nicht besteht, es sei denn, Haltung gewinne man durch sanktionsbewehrte Sozialleistungen. Es finden sich in dem Beitrag noch andere Passagen, die ähnlich einseitig sind. Blome schreibt:

„Das [Aussetzen von Sanktionen, SL] aber stuft den Wert von Arbeit und Arbeiten weit herunter, weil das individuelle Bemühen darum der Allgemeinheit fortan gleichgültig zu sein hat. Seit Beginn der Coronapandemie sind übrigens auch die Vermögenskontrollen und die Prüfung auf angemessenen Wohnraum ausgesetzt. Kurzum: Mit diesem letzten Federstrich hat die Bundesregierung de facto ein bedingungsloses Grundeinkommen eingeführt, das obendrein von den markanten Inflationstreibern Miete und Heizung entkoppelt ist, weil dafür ja das Amt zahlt.“

Blome erwähnt in keiner Weise, dass es um das Existenzminimum geht und die Diskussion über Sanktionen eine ist, die sich dagegen ausspricht, das Minimum unter Vorbehalt zu stellen. Wenn, wie es weiter heißt, mit dem Aussetzen der Sanktionen die „Allgemeinheit“ nichts mehr an Gegenleistung erwarten dürfe, stuft das keineswegs den „Wert von Arbeit […] herunter“, es hebt hingegen heraus, dass erfolgreiche „Arbeit“ voraussetzt, dass sie zu einer Person passt und diese zu ihr. Apropos Haltung – die Haltung, die darin zum Ausdruck kommt, ist die, von der grundsätzlichen Bereitschaft bis zum Beweis des Gegenteils auszugehen, es ist dieselbe Haltung, die der Demokratie innewohnt und in der sie davon ausgeht, dass eine solche Bereitschaft sich nicht erzwingen lasse, ohne sich die eigenen Grundlagen wegzuziehen.

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„Aldi lockt Lkw-Fahrer mit höheren Löhnen“ oder wie eine Selbstverständlichkeit zur Meldung werden kann

Spiegel online setzt fort: „Der Mangel an Lkw-Fahrern macht der britischen Wirtschaft schwer zu schaffen. Handelsriese Aldi versucht es jetzt mit dem einfachsten Mittel, das die Marktwirtschaft zu bieten hat: mehr Geld.“

Was hier für einen Fall eintritt, könnte mit einem Bedingungslosen Grundeinkommen selbstverständlich sein, nicht des Mangels, der Verhandlungsmacht wegen, die es verliehe. Die, die bei dieser Meldung womöglich in Feierlaune geraten – die Gewerkschaften – wollen aber gerade ein BGE nicht haben.

Sascha Liebermann

Wieder einmal angebliche Besserstellung von „Hartz IV“-Beziehern gegenüber Erwerbstätigen

Schon öfter kam es vor, dass solche Rechnungen die Zusammenhänge nicht richtig abgebildet haben, so laut Ausführungen von Johannes Steffen auch Dietrich Creutzburg in der Frankfurter Allgemeine Zeitung vor drei Jahren. Steffen weist aber auch auf Haushaltskonstellationen hin, in denen es Widersprüche im Leistungsgefüge zu geben scheint.

Sascha Liebermann

Die finanzielle Nothilfe in ein Grundeinkommen zu verwandeln und permanent zu machen, wäre der richtige Schritt“ angesichts der Armut…

…in Sao Paulo im Zuge der Corona-Pandemie, wie Spiegel Online berichtet. Der Bericht von Nicola Abé schildert die Nöte und eine Lösung dafür, die in Brasilien mit dem ehemaligen Senator Eduardo Suplicy verbunden ist. Er befürwortet schon lange ein Bedingungsloses Grundeinkommen und war maßgeblich daran beteiligt, dass 2004 dazu ein Gesetz verabschiedet worden ist, das allerdings seiner Umsetzung harrt.

Sascha Liebermann

„Grundeinkommen tut gut“ – doch das Experiment war nicht freiwillig…

…wie Dietmar Pieper in seinem Beitrag auf Spiegel Online über die Resultate des finnischen Experimentes, das bekanntermaßen mit einem allgemeine Bedingungslosen Grundeinkommen nichts zu tun hat, zu Beginn suggeriert. Eine Missverständlichkeit findet sich gleich zu Beginn des Beitrags, wenn über eine Probandin des Experimentes berichtet wird, die an der Lotterie habe teilnehmen dürfen und das Glück hatte, ein Grundeinkommen zu erhalten. Im finnischen Endbericht hingegen wird ziemlich deutlich beschrieben, dass die Teilnahme gerade nicht freiwillig, sondern verpflichtend war:

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„Habeck fordert 1200 Euro Unternehmerlohn“ – Sonderversorgung oder Gleichbehandlung?

Spiegel Online berichtet über Robert Habecks Befürwortung eines pauschalen „Unternehmerlohns“ für die Soloselbständigen unter den Kulturschaffenden – wie jüngst auch Bundeswirtschaftsminister Altmaier. So nachvollziehbar das Anliegen, weil manche Branchen besonders stark betroffen sind von den Auswirkungen der Maßnahmen zur Bewältigung der Corona-Pandemie, so sehr bezeugen diese Lösungsversuche die Hilflosigkeit vermeintlich zielgenauer Maßnahmen. Es wird immer jemanden geben, der durch die Maschen dieser Maßnahmen rutscht und deswegen kein ausreichendes Einkommen haben wird. Weshalb nicht das ganze auf ein zielgenaues, für die Basissicherung pauschalierendes System wie ein Bedingungsloses Grundeinkommen umstellen? Darüber hinaus bestehende Bedarfe können dann mit anderen Leistungen gedeckt werden. Wie richtig Susanne Wiest mit ihrer Begründung der Petition an den Deutschen Bundestag lag, wird hier wieder deutlich.

Siehe frühere Beiträge zum Unternehmerlohn hier.

Sascha Liebermann

„Sie merken, ich bin richtig sauer – Leben in der Angstschlaufe“…

Sibylle Berg auf Spiegel Online, hier ein Auszug:

„Die Behauptung, der Mensch brauche Arbeit, ist das bekannteste und wirksamste Mittel der Angstverbreitung, um das Mysterium des Kapitalismus und der freien Märkte fraglos weiter hinzunehmen. Nun brauchen die meisten Menschen das Gebrauchtsein und die Kreativität. Ganz sicher braucht niemand ein Ausbeutungsverhältnis. In dem man seine Lebenszeit verkauft, um Erholungszeiten bitten muss und sich sein Leben lang in einer Angstschlaufe befindet.“

„Deutschland steigt aus“…

…so Alexander Neubacher bei Spiegel Online über das Pilotprojekt von Mein Grundeinkommen. An einer Stelle schreibt er besorgt:

„Nun freue ich mich mit jedem, der seinen Traum lebt, meinetwegen sogar als Mönchsdarsteller auf Mittelaltermärkten. Wenngleich man sich fragt, wer sich um die Kinder im Kindergarten kümmert, seit Michael gekündigt hat.“

Was könnte die Antwort sein, vielleicht Art. 12 GG? Und wäre „Michael“ denn ein guter Erzieher, auch wenn er das gar nicht machen will? Neubacher scheint hier den Von-der-Leyen-Schleckerfrauen-Vorschlag wahlweise auch Von-der-Leyen- Hartz-IV-Bezieher-Vorgschlag wiederbeleben zu wollen. Wie war das noch einmal mit dem Arbeitsmarkt, dort sollen doch Angebot und Nachfrage aufeinander treffen.

Und dann:

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„Die Zahlen sind vollkommen unzuverlässig“ – sagt Gerd Antes…

…zu den verfügbaren Daten über Infektionen mit SARS-CoV2, Todesfälle und die Einschätzung der Lage. Antes macht deutlich, wie wichtig verlässliche Daten sind und wie schwierig die Lage diesbezüglich gegenwärtig ist. Dennoch müssen Entscheidungen getroffen werden, das führt vor Augen, welche Bedeutung politisches Handeln als Gestaltung des Zusammenlebens hat, auch wenn es nicht ausreichende Daten gibt.

Gerd Bosbach hatte kürzlich eine ähnliche Einschätzung wie Antes vorgebracht. Zur Frage von Daten, Statistik und Prognosen siehe auch hier.

Sascha Liebermann