Das Lohnabstandsgebot, das Lohnabstandsgebot – wie wichtig ist das tatsächlich?

Wenn auch meist als Selbstverständlichkeit betrachtet, so stellt sich die Frage, ob denn das vielbeschworene Lohnabstandsgebot tatsächlich die Bedeutung hat, die ihm zugeschrieben wird. Sein Geschwister ist die sogenannte Armuts- bzw. Arbeitslosigkeitsfalle, auch sie wird für ein großes Problem gehalten, wie diese Passage aus einem Interview mit Peter Weiß (Sozialpolitiker der CDU) im Deutschlandfunk erkennen lässt:

„Das haben wir jetzt gerade zum 1. Januar neu gemacht und wenn wir uns daran nicht halten, glaube ich, würden wir für eine große Verunsicherung sorgen, zumal dieses System ja aus Steuern finanziert werden muss. Das heißt, ich muss auch immer gucken, dass ich einen gewissen Lohnabstand halte zu denjenigen, die arbeiten gehen können und mit ihrem Geld die Steuern bezahlen, aus denen das System bezahlt wird. Einfach so mal über den Daumen gepeilt kann man nicht die Regelsätze erhöhen.“

Es gibt eine hohe Transferentzugsrate im Leistungsgefüge, das ist richtig. Sie wird meist damit kritisiert, dass sich Arbeit „lohnen“ müsse, sonst sei sie nicht attraktiv.

Allerdings wird hierbei, ganz wie im Interview mit Herrn Weiß, stets ein direkter Zusammenhang zwischen Einkommenschance und Leistungsbereitschaft hergestellt, der zuallererst einmal zu belegen wäre. Denn frühere Untersuchungen zu Armuts- bzw. Arbeitslosigkeitsfalle haben zeigen können, dass dieser Zusammenhang so nicht besteht und dass auch die gesamte Konzeptualisierung des vermeintlichen Problems unpräzise ist. So fällt auf, dass in diesen Zusammenhängen kaum je beachtet wird, welche Bedeutung das Tätigsein, das Mitgestalten und Mitwirken als solche hat als Ausdruck einer Bewährungsdynamik, einer Frage nach dem Sinn des Lebens. Ebenso wird den Bedingungen, unter denen das geschieht, zu wenig Aufmerksamkeit gewidmet. Berücksichtigt man dies, sind andere Schlüsse zu ziehen.

Apropos Transferentzug: Mit einem BGE gäbe es das Problem nicht.

Sascha Liebermann